Tragödie in Unterfranken auf der Leinwand

[Update: Siehe dazu auch den Beitrag "Exorzismen in Film und Wirklichkeit"]

Eine dunkle Episode aus der Geschichte Würzburgs und Unterfrankens wird bald im Kino zu sehen sein.

Der im November startende Film "Der Exorzismus der Emily Rose" basiert auf einer wahren Begebenheit, die fast 30 Jahre her ist und von der es nach wie vor etliche Versionen und Sichtweisen gibt.

Dies ist wirklich geschehen: Anneliese Michel wuchs in den 50er- und 60er-Jahren im unterfränkischen Klingenberg in einer streng katholischen Familie auf. Seit dem 16. Lebensjahr wurde sie von Krampfanfällen gequält. Später wurde in der Universtätsklinik Würzburg bei ihr Schläfenlappenepilepsie festgestellt. Sie will die Diagnose nicht wahr haben und flüchtet sich, unterstützt von ihrer Familie, in ein rein religiöses Weltbild. Eine medizinische Behandlung der Krankheit wird von ihr abgelehnt. Es stellten sich Wahnvorstellungen und Symptome von Besessenheit bzw. Schizophrenie.
Trotz dieser Erlebnisse studierte sie in Würzburg Pädagogik und Theologie. Doch als die Anfälle häufiger und extremer werden, bat ihr Heimatpfarrer den damaligen Würzburger Bischof Stangl um die Erlaubnis, bei Anneliese Michel einen Exorzismus durchführen zu dürfen. Stangl gab, aus besten Beweggründen, die Erlaubnis dafür. Neun Monate lang wird bei Anneliese Michel oft der Große Exorzismus gebetet, ihre Reaktionen darauf werden immer heftiger und ihr Körper verfällt langsam. Eltern und Priester halten den religiösen Weg für der Richtigen und verweigern Anneliese medizinische Hilfe.

Am 1. Juli 1976 starb Anneliese Michel schließlich an Unterernährung und Entkräftung, sie wog zum Schluß nur noch 31 Kilogramm. Die Eltern und die zwei beteiligten Priester wurden in einem anschließenden Prozess wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung zu drei Jahren Gefängis auf Bewährung verurteilt.

Ausführlichere, teilweise subjektive und widersprüchliche Informationen über diesen Fall gibt es unter anderem hier, hier und hier

Der Film "Der Exorzismus der Emily Rose" greift nun diese Geschichte auf, die in ein amerikanisches Umfeld versetzt wird. Auch hier geht es um das Leiden einer jungen Frau, deren Rettungsversuche und ihre Folgen. Ob der Film sich ernsthaft mit den Hintergründen, menschlichen Problemen und Verirrungen beschäftigt oder ob es nur ein Hollywoodstreifen im Stil von "Der Exorzist" wird, bleibt abzuwarten. Aber ein sensibler Umgang mit der Thematik bleibt zu wünschen – auch im Sinne der Betroffenen der realen Geschichte.
Sensibilität und Einfühlsamkeit ist wohl eher von dem Film "Requiem" von Hans-Christian Schmid zu erwarten. Der Regisseur und Drehbuchautor von Filmen wie "Nach Fünf im Urwald", "23", "Himmel und Hölle" und "Lichter" behandelt auch die Tragödie um Anneliese Michel. Der Film startet im März 2006.

4 Gedanken zu „Tragödie in Unterfranken auf der Leinwand“

  1. der Film „Der Exorzismus der Emily Rose“ lief letzten Mittwoch in der Sneak Preview in Cinemaxx.
    Ich fand die Geschichte packend, und die Schauspieler waren sehr sehr gut. Leider ist der Film meiner Meinung nach zu sehr auf Horrorschocker und Hollywood getrimmt. Ein bisschen weniger dick aufgetragen hätte mir der Film noch besser gefallen.

    Nichts für zarte Gemüter! Aber: auf jeden Fall sehenswert!

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  2. ich moechte nur ergaenzend auf ein interessantes buch von uwe wolff aufmerksam machen, das ich vor wenigen wochen gelesen habe. titel des buches: „das bricht dem bischof das kreuz“.
    der autor ist fachleiter fuer evangelische religionslehre am studienseminar in hildesheim.
    wolff kommt zu einer sehr plausiblen deutung der ereigniss, die zum tod von anneliese michel fuehrten. im zentrum seiner sehr einfuehlsamen, gewissenhaften und gruendlichen recherche steht die religioese gedankenwelt und ihre genese, die das leben von anneliese michel elementar bestimmt hat.
    den film von hans-christian schmid erwarte ich mit spannung…
    gruesse,
    ekkehard may

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