Ich, SIE und die Weakerthans

Gestern hatte ich mal wirklich Lust, wieder mal in ein Konzert in Würzburg zu gehen. Und da las sich doch die Ankündigung des AKW ganz gut, dass The Weakerthans dort spielen.

Weakerthans im AKW
Pale – jetzt weiß ich’s!

Kurz vor dem Konzert gab es noch ein Gläschen Wein im Gehrings mir Rööö, Phil und Phogex, dann ab in die Straba und nicht wie hin ins AKW.

Als ich dort ankam, war die zweite Support-Band schon am Spielen. Sie klang wirklich gut und machte Laune auf mehr gute Musik. Dort wer war die Band? Ich zeichne mich ja durch eine wohlgepflegte Unwissenheit aus, was gerade Independent-Gruppen angeht. Zum einen da ich nicht so oft auf Konzerte gehe, zum anderen weil ich dahingehend ein grottenschlechtes Gedächnis habe. Aber was soll’s, man hat ja einen Mund zum Fragen.

So drehte ich im nach hinten um und stellte an die hinter mir stehenden Jungs die Frage, wie die Band hieß. Und erst dann nahm ich SIE (Plural) wahr. Jeder kennt SIE. SIE, die Experten. Einer von beiden ist immer mindestens einen Kopf größer als sein Partner. Einer ist auch immer deutlich dicker als der andere. Und SIE sind Hüter des Wissens und der Moral einer Musikrichtung.
SIE kennen die musikalische Laufbahn eines jeden Bandmitglieds und deren Geschwister, Onkels und Tanten. SIE erkennen beim ersten Akkord des Konzerts, dass der Gitarrist wieder die Saiten aus eloxierter Cadmium-Molybdän-Legierung benutzt, die er beim Rübenbrei-Festival 2003 in Bad Butzbach vom Ex-Gitarristen der Band bekam, bei der im März 1997 der Drummer beim Konzert im Heim für ehemalige Exorzisten in Wuppertal kurzfristig eingesprungen ist. Und das macht sich im Klirrfaktor mindestens mit 2, na, sagen wir sogar 3 Prozent bemerkbar.
Und eben diese fleischgewordenen Tempel der Independent-Götter wagte ich zu fragen, wie die gerade gehörte Band hieß? Auf die Frage folge eine Pause. Keine lange Pause; sie war nur exakt so lang, um mich IHRE volle Verachtung gegenüber Unwissenden spüren zu lassen. Und synchroner als es der Gesang von Cindy & Bert je sein konnte kam auch die Antwort aus IHREN Mündern der Weisheit: „Pale“. Natürlich auch verächtlich (mir gegenüber, nicht Pale). Und sofort wandten SIE sich wieder den wichtigen Dingen zu, vermutlich der Diskussion, ob die Schweißflecken auf dem Shirt des Sängers nicht von denen abgekupfert sind, die der Bassist von Kosmokotzen beim Open-Air-Konzert im Mai 2002 in Kleinkleckershausen bekommen hatte.

Nun war ich wieder etwas schlauer. Pale war die Supportband vor The Weakerthans — und sie waren gut. Schade dass ich nicht schon früher da war, von ihnen hätte ich gerne noch mehr gehört.

Weakerthans im AKW
Weakerthans im AKW

Dann kam auch schon die Hauptband – The Weakerthans. Scheinbar haben sie auch schon eine große Fangemeinde, denn viele konnten während des Konzert die Lieder mitsingen. Ich — trotz dreier MP3-Songs, die ich mir auf der Bandwebseite angehörte hatte — nicht. Macht aber auch nichts. Musikalisch hatten es die vier Jungs voll drauf. Doch ich bin danach doch eher mit gemischten Gefühlen aus dem Konzert gegangen. Warum? Schwer zu sagen. Die Instrumentierung war zwar einigermaßen originell, allerdings habe ich eine Allergie gegen diesen Steelguitarsound mit Slidebar, wie man ihn von Country- und Westernsongs her kennt. Und auch sonst hatte die Musik hin und wieder einen — wie ich finde unpassenden — Einschlag in die Folk- und Countryecke. Auch der Sänger bekam manchmal die etwas knätschige Stimmlage, die zwar wunderbar zu Irish Folk-Songs passt, aber mir bei diesem eher rock-poppigen Konzert nicht so ins Ohr wollte. Das sind allerdings sehr, sehr subjektive Kritikpunkte, die scheinbar auch die wenigsten im Saal gestört haben, denn die Stimmung war großartig. Und den Sänger fand ich sehr trocken und zurückhaltend humorvoll, was bei mir wieder Pluspunkte gab.

Aber ich will auch nicht vergessen zu erwähnen, das ein paar Lieder, meist eher die ruhigeren, wirklich wundervoll waren. Allerdings weiß ich die Titel nicht mehr. Naja, vielleicht sollte ich einfach SIE fragen …

Update: Mittlerweile gibt es auch ein Flickr-Set für das Konzert. Und wie ich gelesen habe, muss die erste Band(?) Senore Matze Rossi richtig toll gewesen sein. Schade – für mich!

6 Gedanken zu „Ich, SIE und die Weakerthans“

  1. *prust* … großartiges Stück Literatur über die Independent-Szene, der Absatz über die „Experten“. ^^
    Schreib doch mal ein Buch über die Indies, daß könnte ich mir bei dir wirklich lustig vorstellen.

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