Würzburg dient heute als Schauplatz eines Showdowns. Denn mit einer wilden Jagd durch die Innenstadt endet heute das Alternate Reality Game (ARG) „Philipp Retingshof„. Das Spiel begann, als verschiedene Blogger in Deutschland (und auch im Ausland) völlig unvermittelt Kaladeidoskope, Postkarten oder Trauerkarten per Post bekamen. Und wie immer bei ARGs sah man zuerst keinen direkten Bezug zu einem Spiel. Manche werden neugierig und forschen nach. So ergeben besondere Buchstaben auf der Trauerkarte einen Hilferuf, die Suche nach dem Autor Philipp führt zu dessen Webseite. Und dieser Philipp, von dem man nicht weiß ob er real existiert oder nicht, zieht den arglosen Surfer nach und nach mit in eine Geschichte um Musen, Mosaike und Bösewichter hinein. Die Mitspieler halfen Philipp über Internet und andere Medien, verschiedene Rätsel und Aufgaben zu lösen, um ihn seinem Ziel näher zu bringen.
Das ARG ist nicht das erste in Deutschland. Die Gastfreunde, eine Gruppe von Studenten der FH Würzburg, haben Anfang des Jahres die ARGs mit „Rettet den Fußball“ (bei dem ich teilgenommen habe :-)) in das Land gebracht. Doch „Phillip Retingshof“ ist doch eine Neuerung, denn es ist das erste kommerzielle ARG. Denn das Spiel ist eine Marketing-Aktion für die neue Scheibe des Musik-Projekts Enigma — ältere Leser werden es noch aus den frühen 90ern kennen. Dieses virales Marketing soll soziale und persönliche Netzwerke nutzen, um auf ihr Produkt aufmerksam zu machen.
Den Showdown des „Philipp Retingshof“-ARG kann man heute ab 17 Uhr live im Netz verfolgen. Unter Umständen können Würzburger einen Philipp durch die Stadt laufen sehen, umringt von Kameras, denn die Jagd wird per Livestream übertragen. Also die Augen vor allem an exponierten Stellen in Würzburg offen halten! 🙂
Dieses ARG hat die Blogosphäre mit Beginn des Spiels beschäftigt. Neben der meiner Meinung nach berechtigten Aufregung, ob man emotionale Molotow-Cocktails wie die Trauerkarte einfach aus Spaßzwecken — Werbung oder nicht — verschicken sollte, tauchte die Frage auf, ob die Blogs für solches virales Marketing benutzt werden sollen. Es gab große Aufreger, aber auch etliche begeisterte Mitspieler und Verteidiger. Einerseits wird das eigene Blog ungewollt zu einem Marketingmittel. Andererseits wird man zu nichts gezwungen — und es können einem auch gewisse spaßige Sachen entgehen. Mittlerweile zeichnet sich auch schon eine Lösung des Problems ab, denn bei blogscout.de wurde eine Robinsonliste eingerichtet für all die, die von solchen Marketingaktionen verschont bleiben wollen.
Noch finde ich die ganze Sache nicht schlimm. Letztendlich macht man in Blogs oft — bewusst und unbewusst — Werbung für gewisse Produkte, Organisationen und Ideen. Und wenn mir ein orgineller Brocken hinworfen wird, darf ich da auch reinbeissen und darüber berichten. Solange das nicht überhand nimmt.
Ja, sie können sich vor den Karren gespannt fühlen, sie können aber auch eine Menge Spaß haben. Patrick hat das im Werbeblogger heute schön auf den Punkt gebracht.
Ich denke, dass sich der Gebrauch von Blogs als Marketingkanal einpendeln wird. Die Werber werden lernen müssen, sensibel mit diesem Medium umzugehen. Denn bei einer plumpen Kampagne kann das auch böse nach hinten losgehen.
Ein ARG sollte meiner Meinung nach nicht als Kampagnengut für eine „tolle“ Viralaktion verkommen. Das Aufkommen von „Blog-Robinsonlisten“ zeigt erste Auswirkungen. Blogger können sich auch mit der Zeit verladen (vor den Karren gespannt) fühlen, wenn sie ständig „geheimnisvolle“ Post erhalten und Rätsel lüften dürfen – und sich darüber syndizierend in der Blogosphäre berichtend austauschen sollen. Denn das ist das einzige Ziel dieser Art von kommerziellen ARGs.
„The Beast“ war doch wohl eher für Amerika gedacht, oder?
Also, ich muss dir leider ein wenig widersprechen. Weder dürfte sich es bei »Rettet den Fußball« um das erste ARG in Deutschland gehandelt haben, noch ist »Phillip Retingshof« „…das erste kommerzielle ARG….“. Genaugenommen ist der Ursprung von ARGs genau in diesem kommerziellen Sektor zu finden, da der Aufwand um ein solches Spiel so immersiv zu gestalten doch mit einigen Kosten verbunden ist. Genaugenommen ist wohl das Spiel „The Beast“ als eines der ersten ARGs zu sehen, und das war sehr wohl kommerziel da es für die Promotion des Spielberg-FIlms A.I. entwickelt wurde.
Ansonsten: Schön, das sowas auch mal in Würzburg Station macht.