Ich und doch nicht ich

Es ist schon ein komisches Gefühl einen Text in Ich-Form über mich zu lesen, den ich selbst gar nicht geschrieben habe. Das ist so ein Gefühl, welches man nach ganz üblen Partys hat, wo man unglaublich betrunken war und am nächsten Tag erzählt bekommt, was man für Sachen gemacht und Dinge gesagt hat. 😉

Das Wochenmagazin neun7, das ich selbst eigentlich gar nicht lese, hat einen Artikel über die digitale Bohème geschrieben und mich zu dem Thema Ende letzten Jahres befragt. An diesem Tag hatte ich zwar noch etwas Fieber, aber ich kann mich noch grob erinnern, dass ich einiges etwas anders als im Artikel dargestellt habe. Fairerhalber muss ich aber gestehen, dass ich das Angebot, den Artikel vor der Veröffentlichung noch mal durchzulesen, abgelehnt habe — selbst schuld also. 🙂

Wichtigster Punkt, den ich im Gespräch auch sicher öfters mal erwähnt habe: ich sehe mich selbst gar nicht wirklich der digitalen Bohème angehörig. Da wird mir der Begriff zu sehr mit stinknormaler Freiberuflichkeit vermischt.

Das Bloggen mag zwar der Selbstbestimmung als Ideal der Bohèmiens nahekommen, es ist aber nicht mein Lebensinhalt geschweige denn mein Broterwerb. Und meine freiberufliche Tätigkeit als Webdesigner dient zwar dem Broterwerb, ist letztendlich aber doch eher in eine klassische Struktur eingebettet, eine Ein-Mann-Agentur. Sicherlich sind die Grenzen zwischen Blogger, Freiberufler und Bohèmien schwimmend, aber ich fühle mich nicht als jemand, der in Cafés seine Kreativität in digitaler Form entfaltet und davon auch noch lebt. Noch nicht. 😉

Oder andersrum, wenn ich der Bohème angehöre, dann tun das auch alle anderen Menschen, die freiberuflich tätig sind. Das trifft aber nicht zu, denn zur Bohème gehört meiner Meinung nach die Selbstbeauftragung, und damit scheiden fast alle wieder aus. Im besten Fall sind das Arbeiter mit einem extrem flexiblen Arbeitsplatz.
Insofern behaupte ich auch, dass es die digitale Bohème außerhalb Berlins oder vielleicht noch Hamburgs überhaupt in Reinform gibt. In Würzburg mangels freien W-LAN in Kneipen und Cafés gleich gar nicht. 😉

Zu berichtigen ist auch noch, dass ich keinen Schlafanzug besitze. 🙂

Spaß hat für mich bei dem Artikel die Fotosession vor und im Café Centrale gemacht. Schade dass nur ein Bild im Beitrag ist, ich kam ausnahmsweise bestimmt mal richtig gut rüber … 😉

14 Gedanken zu „Ich und doch nicht ich“

  1. das ist einfach der unterschied zu einem blog. man kann in der zeitung schwierig diskutieren. man kann nur die grudnlage dazu bieten, und das ist ja mal gelungen. ich hätt mich halt einfach gefreut, wenn du das angebot angenommen hättest, dein protokoll in die form zu bringen, dass zu zu 100 % dahinter stehst. dazu machen wir diese protokolle. um die leute voll zu mit ihrer meinung ins blatt zu holen. es zählt ja nicht, ob wir dich als bohemien sehen, sondern ob du dich so definierst.
    @sebbo: ralf kennt mich zwar nur flüchtig, aber er weiß, wie ruhig ich bin.

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  2. @sebbo: Eine Definition gibt es nicht wirklich. Es gibt einen guten Podcast vom kuechenradio mit Sascha Lobo, der den Begriff mit geprägt hat, da wird es vielleicht etwas klarer, was er damit meint.

    Das mit dem Ernstheitsfaktor siehst du richtig. Aber eine „Frechheit“ fand ich Ivos Kommentar jetzt auch nicht. 🙂
    Vielleicht sollte ich an der Stelle noch mal explizit Hannes, den Autor des neun7-Beitrags, entlasten. Es ist nicht falsch was er geschrieben hat und den Gesamtartikel fand ich recht interessant (gleich zwei Würzburger Blogger :-)). Ich hätte halt andere Sachen aus dem Gespräch reingeschrieben. Punkt. Das ist nichts wo ich mich jetzt drüber ärgere, da hätte mein Beitrag auch anders ausgesehen … 😉

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  3. Ruhig bleiben, Ivo. Ich habe ja gar nicht behauptet, dass der ganze Artikel schlecht war, das ist auch nicht meine Meinung. Aber ich bin mir sehr sicher, dass ich meine Zweifel an der Zugehörigkeit zur digitalen Bohème mehrmals geäußert habe, wie auch die restlichen Punkte. Aber, wie ich ja auch geschrieben habe, sind die Grenzen fließend und wenn ihr mich zur digitalen Bohème zählen wollt, dann habe ich auch nichts dagegen. Es gibt ja keine wirklich festen Kriterien dafür und ist von daher immer Ansichtssache.
    Das hat mir im Gesamtartikel vielleicht auch ein bisschen gefehlt, die Frage (und die versuchte Antwort), ob es die digtale Bohème in Würzburg und Unterfranken wirklich (oder wie weit) gibt.

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  4. Oh Medienzicken. Ich fand den Artikel in Neun7 gar nicht schlecht, finde es aber auch nicht schlimm, daß Ralf ein paar Sachen klar stellt bzw. berichtigt, da ist der Vorwurf der Unfairness in meinen Augen eine Frechheit. Seine Ausführungen, die eh schon recht knapp sind, wären eh zu lang für den Artikel geworden und wirklich widersprechen tun sie dem Artikel auch nicht.
    Und Ivo, laß mal deine Humordrüsen checken. Schlafanzüge! 8-)In dem Blogbeitrag sind 6 Smilys, das dürfte eigentlich genug Zeichen sein um zu merken, daß nicht alles so tief ernst gemeint ist.

    Und noch Allgemein: Wie ist denn die Digitale Boheme jetzt definiert? Denn, da muss ich Ralf recht geben, als ich den Neun7Artikel gelesen habe, da hab ich mir gedacht daß das alles nichts neues ist. Da ist dann ja jeder Diplomgrafiker der keinen Job bekommen hat ein Boheme. Eigentlich auch Rechtsanwälte und Architekten. Oder wie? Wie ich verstanden habe habe alle vorgestellten Menschen ja auch ein Büro in dem sie arbeiten.

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  5. Hallo Ralf,

    wenn dich unser Mitarbeiter anspricht, weil er einen Artikel über digitale Boghemiens schreibt, dann solltest du ihm vorher sagen, dass du dich nicht zugehörig fühlst. Im Nachhinein das so auf deinem Blog zu kommentieren, finde ich unfair. Hört sich ein bisschen komisch an: „Komm nur ich erzähl dir was, danach stell ich es richtig, was ich sagte…“ Zudem hat er dir sicherlich gesagt, dass es ein Text im Protokoll-Stil gibt. Da hättest du fairerweise drüberschauen sollen. Denn selbstverständlich sind Protokolle dieser Art in Ich-Form die Zusammenfassung eines längeren Gesprächs. Und sag mir bitte nicht, ihr hättet nicht über Schlafanzüge gesprochen… Du hast das wohl als Bild benutzt. Find ich nicht fair, wie du das machst. Und genau die Inmhalte zur Digitalen Boheme, die du in deinem Blog schreibst, wären die richtigen Aussagen für dein Protokoll in neun7 gewesen.

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