Geht Würzburg billig unter?

Man kann die Stadt nicht mal eine Woche unbeaufsichtigt lassen! Eine Woche Informationsminimalismus und schon eröffnet in der Domstraße im ehemaligen Thalia-Gebäude ein 1-Euro-Laden aus dem Hause Schum.

Entsetzen meinerseits? Mäßig. Nicht das so ein Laden mein Wunschgeschäft wäre — ich muss aber gestehen, dass ich noch in einem 1/99-Cent/Euro/Mark-Laden war –, aber fast verständlich ist es schon. Die ohnehin wachsende Schäppchengesellschaft wird in miesen wirtschaftlichen Zeiten wie im Moment noch größer, das heißt solche „Billigläden“ haben einen großen Zulauf — und damit Geld. Geld genug um sich die Miete in der Domstraße leisten zu können, gerüchteweise um die 25.000 € im Monat. Der Hausbesitzer hat lange genug nach Mietern gesucht, was soll er also tun? Das Haus leer stehen lassen, bis sich die Wirtschaft erholt und in fünf Jahren ein edler Laden einziehen kann? Was würde ich an seiner Stelle tun? Genau! Und die paar entstehenden Arbeitsplätze sich ja auch per se nicht schlecht.

Am Beispiel Thalia/1-Euro-Shop werden wieder ein paar Würzburger Probleme sichtbar.

Zum einen die Mietpreise. Die sind in der Innenstadt für Geschäfte sackteuer. Kleine Läden, die auf Qualität wert legen (deren Liste mit der Qualitätsroute deckungsgleich sein kann, aber nicht muss), werden von Kunden nicht gerade überrannt und können sich die horrenden Mieten kaum leisten. Also bleiben die Discouter und Schnäppchendealer. Um kleinere und eventuell feinere Läden zu holen, müssten die Vermieter wie die Kirche — aber die privaten Vermieter sind da kein bisschen besser — ihre Preise senken. Tun sie aber nicht, warum auch, irgendein Bäcker, Handyladen oder Nagelstudio wird schon einziehen, wenn auch vielleicht nicht für sehr lange.

Der Aufschrei in Würzburg war beim Fall Schum scheinbar groß. Alle wissen, was sie nicht in der Innenstadt haben wollen. Aber was wollen sie bzw. wir? Was will die Stadt Würzburg? Im Rathaus scheint es kein großes Konzept für eine Innenstadtentwicklung zu geben, oder sie haben es bisher geschickt vor mir verborgen.
Ich als Konsument bei der Ladensituation mit den Füßen und vor allem mit meinem Geld abstimmen. So gesehen bin ich zum Beispiel gegen sehr, sehr viele Klamottenläden, gegen Media-Markt und Hugendubel, gegen McDonalds und KFC, gegen Cafés mit aromatisiertem oder — synonym — schlechtem Kaffee. Ich bin zum Beispiel für Cafe Centrale und D.O.C, für das Er-lesen oder zur Not 13 1/2 oder Neuer Weg, für PC’s, PC Banane oder Foto Weber, für das H2O und die Murmel. Die werden allein schon wegen mir ein klitzeklein wenig später pleite machen — wenn überhaupt. Eine Stadt bekommt die Geschäfte, die die Bürger verdienen.

Update: Weitere Artikel zu dem Thema gibt es bei Jens, Alex und Thomas/tvtouring

12 Gedanken zu „Geht Würzburg billig unter?“

  1. @ fasanthiola Komisch, als ich neulich einen kleinen Schraubenzieher brauchte für mein Notebook, habe ich als erstes an den 1 €-Shop gedacht. Und habe dort prompt ein passendes Teil gefunden, mit 8 verschiedenen Schraubenziehern dran.
    Draußen vor dem Laden stand eine ganze Weile der Bus Nr.9, der die Touristen von der Residenz zur Festung bringt! Was für eine Ironie.
    Mittlerweile sehe ich das etwas entspannter. Es gibt nun mal heute einen größeren Bedarf an Handyläden etc. als an Eisenkleinteilen mit Beratung. Würde so einer in der Innenstadt eröffnen, er wäre ganz schnell pleite: zu hohe Kosten, zu geringer Umsatz. Man stelle sich vor, es gibt auch keinen Hufschmied mehr in der Innenstadt, das war vor ein paar Jahrhunderten auch anders.  Irgendwann wird auch die Zeit der 1 €-Läden vorbei sein. So schlimm ist dessen Erscheinungsbild nun auch nicht; man schaue sich mal die Straße vom Main her an. Nur weil es da Geschäfte gibt, die seit 20 Jahren ihre Deko nicht verändert haben, heißt das nicht, dass sie schöner ist.

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  2. Ich finde diese 1 Euro Läden zeigen uns wie schlecht die Lage zur Zeit ist. Früher hat man leute ausgelacht die in Aldi was eingekauft haben und heute ist Aldi Supermarkt Nr. 1 In ein paar jahren werden diese 1Euro Läden vielleicht auch In. 🙂

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  3. wären die mieten in der innenstadt nicht so immens hoch, könnten auch gute, innovative läden sich die innenstädte wieder leisten.
    die vermieter sind es, die den kragen nicht vollbekommen. ist das nicht ärmlich, wenn man die VIELFALT der geschäfte früher und heute vergleicht? brauchen wir an jeder ecke einen backshop, einen handyladen, ein sonnenstudio und einen billigshop?
    mit etwas nostalgie erinnere ich mich an den „alten schum“, der da war, wo hugendubel später eingezogen ist. da gab es die wunderbare „kleineisen“-abteilung, in der man scharniere, schrauben, nägel und allen möglichen anderen kram einzeln kaufen konnte. unter fachlicher beratung, versteht sich. wo gibt es denn noch gut sortierte fachgeschäfte in der innenstadt? das dürfen m.e. durchaus auch läden mit „kleineisen“ sein. eben dinge, die originell oder auch alltagswichtig sind …

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  4. das ist ein Problem überall in Deutschland, oder sogar in den meisten Industrieländern, nicht nur in Würzburg oder Unter-, Ober- oder Mittelfranken. Die Stadtkerne verlieren an Attraktivität. Stattdessen werden außerhalb Shopping Center hingeklotzt. Ist das denn in Würzburg kein Wunder, wenn IKEA kilometerweit in der Pampa entsteht. Da soll man doch froh sein, dass zumindest der Schum wieder in die Innenstadt geht. Sicherlich wird bald auch was für den alten „Wollwert“ am Barbarossaplatz gesucht und da findet sich schon was ….

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  5. Auch wenn ich mich jetzt auf dünnes Eis begebe. Gehört nicht ein Großteil der Ladenflächen in der Würzburger Innenstadt der Kirche, bzw. dem Bistum? Vielleicht sollte dort mal daran gearbeitet werden, dass die Verwaltung von Ladenflächen nicht nur auf Profit aufbaut, sondern das es sich hier auch um eine gewisse urbane Kultur handelt, die entsprechend gepflegt werden muss.

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  6. Pingback: fkohl
  7. Das mit dem fehlenden Konzept scheint mir ein generelles Problem in (Mittel)Franken zu sein – ich beobachte das quer verteilt überall: Jammern, weil die Innenstadt kaputt geht, aber nichts machen (wollen), und ja nix verändern.
    Fazit: Leere Ladenfronten – oder so Undinge wie hier in Uffenheim das Laden“Zentrum“ bei der alten Brauerei (?) an der Ringstraße: Ausnahmslos alles steht KOMPLETT leer!
    In der Tat – die Menschen ernten eben das, was sie gesäät haben. Nämlich: Nichts.
    cu, w0lf.

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  8. recht haste. a) stadt muss ein konzept machen und haben. seit jahren dinrgend nötig!!! b) es liegt auch an den kunden welche läden bleiben und gehen. wenn keiner in den euroshop geht dann is der bald wieder weg. wenn ale hinrennen dann bleibt er, wird dann aber wohl auch gewollt.

    und gut daß du in die allgemine rumjammerei nicht einstimmst, das geheule geht mir auf die nerven und ist absolut unangebracht.

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  9. Ich muss sagen, dass ich das auch etwas ärmlich finde. Aber die Diskussion ist ja auch nicht neu… Hatte man bei den Arcaden ja auch schon. Was fehlt ist, wie du schon gesagt hast, ein Konzept, dass auch konsequent durchgezogen wird.
    Das mit dem Thalia war ja auch nicht überraschend… Wie ich aus sicherer Quelle weiß, war es einer der ganz kleinen, und als der Hugendubel sich dann vergrößert hat war es klar dass der kleine nicht mehr mithalten kann.
    Was ich aber auhc nicht verstehe ist, warum Würzburg teilweise alles doppelt braucht: Der doppelte Butlers, von dem ich den in der Kaiserstraße viel schöner und geräumiger empfand, und dem doppelten Subway.
    Ich muss aber auch zugeben, dass ich kein Problem habe in Fotosachen in den MediaMarkt zu gehen (der einzige Grund dort hinzugehen), da es sich, soweit ich weiß in noch um die Belegschaft des Dudenhöfers handelt. Preislich und fachlich gibt es sich somit nicht viel gegenüber dem Foto Weber.
    Ich stimme dir aber zu: Ein Konzept muss her!

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