Kuschelrunde

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Am Mittwochabend war ich bei der Podiumsdiskussion über die Frage, wie mit den Nachkriegsbauten der 50er und 60er Jahre in Würzburg umgegangen werden soll. Nein, halt — Diskussion hätte ja bedeutet, man wäre sich nicht einig gewesen und hätte Argumente ausgetauscht. Aber so war es nicht.

Mit viel Mühe hätte man den Abend „Vier gegen Chrisi“ nennen können, denn Denkmalpfleger Fiedler, Chefverschönerer Kummer, Stadtheimatlehrer Steidle und Architektin Scholder waren sich grundsätzlich über die Notwendigkeit der Erhaltung der Nachkriegsbauten einig, einiger „Gegner“ war Stadtbaurat Christian Baumgart, der sich allerdings auch recht harmonisch und diplomatisch gab. Ich weiß gar nicht warum man Frau Scholder eingeladen hat, ein Architekt mit einer Weg-mit-dem-alten-Scheiß-Platz-für-was-Modernes-Einstellung hätte der Diskussion gut getan.

So blieb der Abend recht seicht und dümpelte vor sich hin, eine seltsame Ruhe schwebte über dem Kampfplatz Stadtentwicklung. Und nicht ein einziges Mal ist das A-Wort „Augustinerhochhaus“ gefallen, alle haben das Mienenfeld weiträumig umfahren. Alle Podiumssitzer gaben dem Publikum — großteils 50++ — ein paar Zuckerstückchen und bekamen dafür auch programmgemäßen Applaus.

Ich ging einigermaßen irritiert aus der Veranstaltung raus und war damit nicht der Einzige. Nicht dass ich darauf scharf bin, dass sich Leute anschreien und sich beleidigen. Aber so ein einiges Podium macht die ganze Veranstaltung sinnlos. Es war auch kein Miteinander-Reden, eher ein Miteinander-Schwiegen.

Naja, ich warte nur, bis sich am Augustinerhochhaus was regt. Oder an der Mozartschule. Apropos Mozartschule. Herr Steidle will sie unbedingt erhalten, als Bürgerforum, als Ort für Kultur. Und er pries die Schule unter anderem damit an, dass man in der Schule feiern kann so laut man will, draußen ist garantiert nichts zu hören. Also Immerhin — Sachen packen und einfach die Straße runter laufen. Mit den Anwohnern kann es keine Schwierigkeiten geben, den Stadtheimatpfleger, den Denkmalschutz und den Verschönerungsverein habt ihr auch im Rücken — was soll da noch schiefgehen?

Wer sich für den mageren Inhalt interessieren sollte — die Mainpost hat versucht, aus dem Abend einen Artikel zu machen.Was bestimmt nicht leicht war.

11 Gedanken zu „Kuschelrunde“

  1. Eben. Deshalb funktionierts auch nicht. Die Konzerte im B-Hof finden im Keller statt (da gehört sowas in WÜ wohl hin!), und die Nachbarn beschweren sich wohl eher über die lärmenden Leute, die draußen stehen.
    Um das Mozart-Gebäude so schallisoliert zu kriegen, muss schon einiges investiert werden. Und was der Herr Steidle unter feiern versteht, will ich mir gar nicht vorstellen…

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  2. Das Immerhin ins alte Mozart? Sehr geile Idee! Dann brauch ich nach den Konzertren im B-Hof nimmer so lange zu laufen, um zur inoffiziellen After-Show-Party zu kommen. 🙂 Nur das mit den Anwohnerbeschwerden stimmt nicht so ganz. Befragt doch mal die B-Hof-Leitung zu den Nachbarn quer über’n Hof…

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  3. Typisch Würzburger, immer müsst ihr alles schlecht reden :-p

    Vllt sollte sich der sog. Diskussionsleiter mal überlegen, welchen Sinn eine solche Veranstaltung macht, wenn eh alle der gleichen Meinung sind….

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  4. ja, da stimme ich Dir zu Ralf.
    Richtig spannend war es nicht.
    Ich hätte mir einen kleinen architektonischen Rundgang durch die Stadt der Nachkriegszeit erwartet, aber einen wirklichen Disput um Nachkriegsbauten gab es kaum. Lediglich das Mozartgym wurde angesprochen, wobei das Konzept der „Veranstaltungssääle“ nicht wirklich kostenneutral ist und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eher als poetisch gewertet werden darf. Spannend wäre auch das Bahnhofsareal, ein wirkliches Konzept ist mir auch hier nicht begegnet.
    Man war sich allerdings ziehmlich einig über einheitlichen Traufhöhen und DEN Maßstab (im Allgemeinen).

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  5. Die Veranstaltung war eine ziemliche Enttäuschung. Das beginnt damit, dass keine Fragen gestellt werden durften, weil „wir um 21:45 Uhr raus müssen“ (Jungblut). Warum denn? Angeblich beschweren sich die Anwohner doch nicht.
    Der Stadtheimatpfleger hat eine Einführung gegeben, und an deren Ende stand Curt Lessigs „Spielende Mädchen“, das als Wandfresko die Mozartschule ziert, darunter stand „Wie lange noch?“. Von seiner behaupteten Neutralität nichts zu spüren, wie auch: Er war dort Lehrer.
    Von Herrn Kummer hat man das Übliche gehört. Er wurde gefragt, für welche Gebäude aus der Zeit der VVW denn kämpfen würde. Was folgte, war eine endlose Aufzählung. Man hätte ihn fragen sollen, was denn getrost abgerissen werden könnte. Aber der Moderator war dann doch sichtlich bemüht, mit dem Strom zu schwimmen.
    Am schockiertesten war ich über die Architektin, die moderne Architektur mit Techno verglich, wo „ständig einer auf die Pauke [sic.] haut“, wogegen die 50er Jahre-Architektur doch eher harmonisch ist, da einer auf den anderen achtet, und sehr detailreich. Größtmögliche Einheitlichkeit als Qualitätsmerkmal! Die Frau sollte mal 6 Monate im Plattenbau leben, und noch ein bisschen was über die Musik der letzten 60 Jahre lernen, von Schönberg bis Schnittke. CDs von mir auf Anfrage. 😉 Und angeblich gebe es Leute, die – wenn es erlaubt wäre, auch auf dem Markusplatz in Venedig ihr Auto abstellen würden! Gelächter im Publikum.
    Der Stadtpfleger meinte, dass die Mozartschule erhalten bleiben solle, weil sie für die „konservative Erziehung der 50er Jahre“ steht. Alt-68er ist er offenbar nicht.
    Was kostet eigentlich der Erhalt dieses vor sich hin rottenden Gebäudes? Jedesmal, wenn mit Freunden von auswärts die Hofstraße antlanggehe, muss ich ihnen erklären, warum dieser Schandfleck da noch steht.
    Ob die Podiumsteilnehmer den Satz von T.v. Aquin kennen:
    „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.“?
    Vielleicht gibts ja mal wirklich ein Bürgergespräch zur Mozartschule. Dann bitte mit anderer Zusammensetzung.

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  6. wo wir gerade bei den Fehlern sind:
    „einiger “Gegner” war Stadtbaurat Christian Baumgart“ sollte wohl einziger heißen und das „Miteinander-Schwiegen“ sollte doch eher von schweigen kommen?!

    Ich kenne zwar den Zustand der Schule nicht, aber ob es wirklich Sinn macht das Gebäude zu erhalten? In der Geschichte wurden immer Altes abgerissen, um Neues zu bauen, nur in der (Würzburger) Moderne muss das Alte bestehen. Alles hat seine Zeit und für das Gebäude des Mozart-Gymnasium ist diese eben rum.

    Ralf, hattest du eigentlich die Möglichkeit mit ein paar kritischen Fragen, die Podiumsrunde ein wenig aufzumischen, oder wurden Fragen nicht zugelassen?

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  7. Auf die Gefahr hin, als Kniefiesler gescholten zu werden – das „Mienenfeld“ ist sicher als „Minenfeld“ gedacht gewesen. Auch wenn da vielleicht einige bei der Veranstaltung gute Miene zum langweiligen Spiel gemacht haben.

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