Planetenfrage

Es ist CSD-Wochenende! Wenn ich an den ersten richtigen Christopher Street Day in Würzburg denke, muss ich schon arg im Gedächtnis kramen — immerhin ist das schon 10 Jahre her. Wenn ich mich recht erinnere, fand er am Vierröhrenbrunnen statt, an dem sich ein kleines Häufchen Menschen jeglicher sexueller Neigung getroffen hat. Und das Wetter war glaube ich nicht so toll.

Das Wetter ist auch in diesem Jahr wieder nicht so toll — so wird der Regenbogen gespannt über die Jahre. In Sachen Gleichberechtigung für Schwule und Lesben ist in den 10 Jahren viel passiert. Am Montag vor 10 Jahren ist das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft getreten, mittlerweile dürfen Homosexuelle auch im Trausaal heiraten und so bleibt „nur“ noch die Punkte Steuer und Adoptionsrecht, um die gekämpft werden muss.

Ich habe bis heute nicht, aber auch gar nicht verstanden, warum man überhaupt für eine Gleichstellung und für Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben kämpfen muss. Es ist ja nicht so, dass hier Leute eine Weltanschauung oder Überzeugung bewusst gewählt haben, mit der sich der Rest der Gesellschaft schwer tut. Hier geht es um das menschliche Sein, darum, dass Menschen so sind wie sie sind. Jeder Mensch hat eine Augenfarbe, mit der er geboren wird. Seine oder ihre Fingernägel wachen in einer eigenen Geschwindigkeit. Manche sind groß, manche klein. Andere haben angewachsene Ohrläppchen oder können die Zunge rollen (ich kann’s!). Und manche fühlen sich zu Frauen hingezogen, und andere zu Männern — oder zu beiden. Und das eigene Geschlecht hat damit wenig zu tun. Ok, Männer sind im Durchschnitt größer als Frauen. Und die meisten Frauen fühlen sich zu Männern hingezogen. Aber warum sollte ich auf die Idee kommen, kleine Männer zu diskriminieren? Oder Frauen, die Frauen lieben? Das würde doch überhaupt keinen Sinn ergeben. Es geht hier nicht mal um Toleranz, sondern um ein Akzeptieren auf einer viel tieferen und existenzielleren Ebene.

Und so bin ich in jedem Jahr auf dem CSD in Würzburg und setze durch meine Anwesenheit ein kleines Zeichen für Toleranz (… und eine Menge Spaß hab ich natürlich dort auch! 🙂 ). Aber immer herrscht in meinem Kopf das Gefühl der Surrealität und die Frage, auf welchem Planeten ich mich eigentlich befinde — auf meinem sicher nicht.

8 Gedanken zu „Planetenfrage“

  1. Daumen hoch für Deinen Artikel (auch wenn er schon etwas älter ist 🙂 ) ..und es ist schön zu lesen, dass auch Würzburg wieder einen CSD hat. Ich finde es toll, dass auch Du Dich dorthin begeben hast – Quantität macht in ein paar Fällen dann doch was aus 😉 ..und ich kann schon verstehen, wenn Du das Ganze etwas surreal empfindest 🙂 ..so geht es einigen anderen sicher auch – aber ohne diese Sichtbarkeit würde man heute wohl im Bundestag auch nicht über die Gleichstellung der „Homoehe“ im Steuerrecht diskutieren..

    VG

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  2. Manchmal denke ich, dass so ein besonderer Tag bzw. so ein besonderes Happening eher kontraproduktiv ist. Schließlich wird so aus etwas eigentlich selbstverständlichen etwas besonderes gemacht. Und dann denke ich wieder an die vielen Mitmenschen, die leider noch im 18. Jahrhundert festhängen. iPhone in der Hand, aber Mittelalter in der Birne. So können wir wohl nur am Wegesrand stehen bleiben und darauf warten, dass uns die Welt einholt.

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  3. gib mir die koordinaten deines planeten, ich will da auch hin.
    excellent auf den punkt gebracht, die demos für unsere rechte als homosexuelle grenzen schon an irrsinn. aber noch zu viele leute leben nicht auf deinem planeten, sondern auch ihrem todesstern. aber auch die sprengen wir mit unseren regenbogen-laserkanonen! ^^

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