Die T-Frage

Heute Nachmittag wird es spannend im Würzburger Stadtrat. Da wird darüber diskutiert, ob und wie die Frankenhalle als Ausweichspielstätte während der Sanierung des Mainfranken Theaters genutzt werden soll. Geschätzte Umbaukosten des ehemaligen Viehmarkts: knapp 14 Millionen. Was die Sanierung des alten Theaters noch kosten soll, weiß ich gar nicht, ein paar Mille werden da aber schon auch reinfließen.

Angesichts dieser Kosten und der Tatsache, dass in den vergangenen Jahren die Besucherzahlen im Mainfranken Theater deutlich zurückgehehen, stellt sich mir schon die Frage — braucht Würzburg ein so großes Theater überhaupt? Schwer zu beantworten. Leichter zu beantworten ist die Frage: Brauche ich so ein großes Theater?

Ich bin ja schon ein recht kulturinteressierter Mensch, doch mit dem Theater als Kunstform bin ich erst in den letzten Jahren wärmer geworden. Aber trotzdem muss ich gestehen — ich war bei noch keiner einzigen Vorstellung im Mainfranken Theater und es hat mir auch nicht gefehlt. In Würzburg gibt es doch etliche kleine Bühnen, auf denen Theater gespielt wird, da hatte ich nie die Notwendigkeit, in das städtische Theater zu gehen. Und ich weiß auch gar nicht ob ich das unbedingt wollte.

Bei den kleinen Bühnen und Produktionen finde ich schön, dass das alles eher ungezwungen ist. Da kann ich mich mit meinem Schoppen reinsetzen und dem Stück folgen. Und nach der Vorstellung stehe ich mit den Schauspielern vor der Tür und rauche, trinke und unterhalte mich mit ihnen. Diese Momente haben mir das das Theater viel näher gebracht, als es eine teure Produktion in einem „großen Theaterhaus“ vermutlich je hätte schaffen können.

Was brauche ich also ein Mainfrankentheater, wenn ich doch das Theater Ensemble, das Theater am Neunerplatz, die Werkstattbühne, den Kunstkeller, das Cairo, das KHG-Theater oder die Hobbit-Bühne habe — plus noch ein paar Theaterbühnen, bei denen ich noch nie war. Es kann sein, dass die professionellen Schauspieler am Mainfranken Theater künstlerisch die Latte höher legen. Aber wie gesagt — es kann sein. In Berlin war ich im Dezember im ehrwürdigen Maxim-Gorki-Theater bei einer Ibsen-Inszenierung, bei der mit die meisten Profischauspieler — bekannte Namen — auch nicht gerade die Butter vom Brot gezogen haben.

Für mich muss sich die Stadt Würzburg also nicht die Mühe machen und das Mainfranken Theater sanieren und auch noch deswegen die Frankenhalle umbauen. Wobei ich gegen den Umbau der Frankenhalle zu einer Kulturhalle gar nicht mal etwas habe. So eine mittelgroße Bühne für Theater, Tanz, Lesungen, Konzerte, Kleinkunst und weiß der Teufel noch was fände ich als städtisches Angebot gar nicht mal so verkehrt. Eine Bühne für die städtischen Theaterleute und auch für „Bürgerproduktionen“.

Aber muss das Theater dann überhaupt noch zurück in das Mainfranken Theater? Sollte man den maroden Bau nicht einfach platt machen, einen schönen Platz dort anlegen (man kann ja da mal Freilufttheater spielen) und gut ist es? Von mir aus schon. Mir hat es 18 Jahre lang nicht gefehlt und das sollte sich auch in Zukunft nicht ändern.

12 Gedanken zu „Die T-Frage“

  1. „Ich brauch’s nicht“ ist kein guter Ansatz, um über die größte kulturelle Einrichtung in Unterfranken zu diskutieren.

    Kultur ist ein ganz wesentlicher Faktor für die Attraktivität dieser Stadt, die ja nicht von der Industrie lebt – hätten wir viele Industrie-Arbeitsplätze, bräuchten wir eher eine Profi-Fußballmannschaft und nur ein kleines Theater – sondern von der Dienstleistung, vor allem durch viele kreative Menschen.

    Um die Kreativen in die Stadt zu holen oder hier zu halten, muss die Kultur (Seitenhieb in Richtung Herrn Kelle: gut gemachte Klamaukfilme gehören auch dazu, sind aber kein wesentlicher Bestandteil) als so genannter weicher Standortfaktor gut aufgestellt sein.

    Und da ist in Würzburg das MFT mit seiner 212 Jahre alten Tradition der wichtigste Bestandteil. Ich war bisher auch nur zum Poetry Slam dreimal drin, habe noch nie ein Schauspiel oder eine Oper oder ein Ballett dort gesehen. Die halbe Stunde, die ich es bei „Les Funerailles“ ausgehalten habe, zählt nicht. Aber es geht bei solchen Millioneninvestitionen eben nicht darum, was für mich wichtig ist, sondern was für die Stadt wichtig ist (Grüße an dieser Stelle auch an alle Straßenbahngegner im Frauenland oder sonstwo). Kultur ist wichtig, und deren Aushängeschild ist ebenso wichtig.

    Weiterführend ist also nicht „ich brauch’s nicht“, sondern höchstens „Ich brauch’s in der aktuellen Form oder mit dem aktuellen Programm nicht“. Wenn sich am Althergebrachten aber was ändern und das Ensemble zeitgemäßes Theater spielen soll, dann muss man ihm auch die Möglichkeit dazu geben. Das geht meiner Meinung nach nur mit einer grundlegenden Sanierung – die ja beschlossene Sache ist. Und dafür braucht man eine Ausweich-Spielstätte , weil man die Theater-Mitarbeiter nicht einfach zwei Jahre auf die Straße setzen und das Theater dicht machen kann.

    Und wenn man gleichzeitig – und mit 40 Prozent plus X staatlicher Förderung – ein denkmalgeschütztes Gebäude erhalten und darin im Kulturquartier anschließend auch dauerhaft Theater spielen kann, dann halte ich das für eine sinnvolle Lösung – für die Stadt, nicht für mich persönlich. Eine vernünftige Alternative als Ausweich-Bühne hat mir noch niemand aufgezeigt.

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  2. man kann zum theater stehen wie man will: gut daß endlich mal eine *öffentliche diskussion* stattfindet, denn das ist bisher leider überhaupt nicht passiert!!! bei solchen summen sollte man die bürger und alle kulturschaffenden auch zumindestens mal anhören!

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  3. Das Mainfrankentheater ist ja nicht nur einfach „ein Theater“ von vielen in der Stadt, sondern ein wichtiger Gesamtfaktor für die kulturelle Landschaft in der Stadt. Gerade, was die vielen kleinen Bühnen betrifft, ist die Existenz einer auch überregional anerkannten Bühne ein relevanter Standortfaktor, um von einem solchen Umfeld zu profitieren, sei es durch das für Künstler attraktivere Umfeld hier oder das existierende Publikum.

    Zudem wird auf dieser Bühne ja nicht nur Schauspiel gegeben, sondern auch Musiktheater, Konzerte und Ballett aufgeführt, etwas, was die restliche Theaterlandschaft in Würzburg so nicht bieten kann. Hier sollte man außerdem berücksichtigen, dass wir mit der Musikhochschule in Würzburg eine Institution haben, für die die Existenz einer entsprechenden Bühne auch von großer Relevanz ist.

    Ich bin alles andere als ein Kulturexperte, aber aus Unterhaltungen mit Fachpolitikern zu dem Thema wurde mir oft genug versichert, dass die Existenz entsprechender kultureller Institutionen als Standortfaktoren, gerade für Städte mit einem akademischen Umfeld, nicht zu unterschätzen sind.

    Insofern finde ich diese Art Abgesang aufs Mainfrankentheater nicht wirklich nachvollziehbar. Selbst, wenn man kein direktes persönliches Interesse an der Einrichtung finden kann.

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    • Ich bin mir mit diesem Standortargument irgendwie nicht sicher. Hatte nie das Gefühl, als würde das Mainfranken Theater Würzburg irgendwie attraktiver machen. Noch nie hat mir jemand bei einem Gespräch „im Ausland“ über Würzburg gesagt: „Hey, da ist doch das tolle Theater, wo neulich das tolle Theaterstück/Oper/Ballett/etc aufgeführt wurde“. Vielleicht habe ich aber auch nur mit den falschen Leuten gesprochen.

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  4. Vielleicht sollte man sich wenigstens einmal 10 Minuten mit der Institution „Stadttheater“ befasst haben, bevor man so einen Artikel verfasst. Stadttheater ungleich Schauspielhaus.

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    • Julian, als Theaterwissenschaftlerin gebe ich dir recht, als Ex-Würzburgerin muss ich dir sagen, daß das für die aktuelle Diskussion keine Rolle spielt.

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      • @ Ralf:
        Der ganze Artikel geht davon aus, dass im Stadttheater nur Schauspiele aufgeführt werden.

        Zitat: „Was brau­che ich also ein Main­fran­ken­thea­ter, wenn ich doch das Thea­ter Ensem­ble, das Thea­ter am Neu­ner­platz, die Werk­statt­bühne, den Kunst­kel­ler, das Cairo, das KHG-Theater oder die Hobbit-Bühne habe — plus noch ein paar Thea­ter­büh­nen, bei denen ich noch nie war.“

        Das Stadttheater umfasst jedoch um einiges mehr als Schauspiele, wie gesagt: drei Sparten (Musik, Schauspiel, Tanz). Wenn man schon unfundiert (Zitat: „ich war bei noch kei­ner ein­zi­gen Vor­stel­lung im Main­fran­ken Thea­ter und es hat mir auch nicht gefehlt.“ – Und das als „kulturinteressierter“, wenn alle so denken würden hätten wir das Rad noch nicht erfunden, hat ja bis dahin nicht gefehlt.) seine Meinung propagiert sollte diese wenigstens was die Fakten angeht korrekt sein. Mag sein, dass einzelne kleinere „Theater“ als Substitut für das Schauspielhaus des Stadttheaters bestehen können, für die im Stadttheater eingegliederten Bereiche Konzert, Oper, Operette, Musical, Ballett usw. allerdings gibt es kein alternatives Angebot. Ich würde dir empfehlen einfach mal das Stadttheater zu besuchen, anscheinend hast du eine ziemlich verschobene Vorstellung davon, was dort geboten ist. Hätte aber wahrscheinlich am meisten Sinn gemacht dies im Vorfeld des Artikels zu erledigen…

        @ Beate: Ralf geht es ja eher um die Existenz des Stadttheaters als den Umbau. Ob die Sanierung der Frankenhalle jetzt sinnvoll ist sei einmal dahingestellt (Ich als Würzburger bin da auch unschlüssig) – der Fortbestand des Stadttheaters sollte allerdings, vor allem dir als Theaterwissenschaftlerin und Ex-Würzburgerin, in einer Stadt wie Würzburg gar nicht erst zur Disskussion stehen (tut er ja auch aktuell zum Glück nicht, die Zeiten sind erst einmal vorbei).

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        • Ich weiß, dass das Mainfranken Theater ein Dreispartenhaus ist, ich danke für das Vertrauen in meine Bildung. 😉 Aus meiner Sicht ist aber das Theater das Aushängeschild des Hauses und darum habe ich mich darauf im Artikel darauf konzentriert.

          Tut mir leid, dass ich es vor dem Artikel nicht geschafft habe, das Mainfranken Theater zu besuchen. Aber das habe ich ja offen zugegeben und kann es auch nicht mehr ändern. 😉

          Die Frage ist – und es ist wirklich eine Frage – wie Tanz und Konzert im Mainfranken Theater angenommen werden? Was ist mit Tanzspeicher und Musikhochschule? Ok, die Räume sind deutlich kleiner und sicher nicht vergleichbar mit einem Theater. Aber könnte das schon reichen?
          Oder würde die Frankenhalle, wenn sie schon als Ausweichspielort umgebaut wird, nicht als alleinige Mehrspartenbühne — teils „städtisch“, teils „bürgerlich“ bespielt — reichen? Muss die Stadt dann unbedingt nochmal viele viele Millionen in den Umbau des Mainfranken Theaters stecken und die Frankenhalle — auch schon ein teuerer Spaß — in eine etwas ungewissere Zukunft schicken?

          Ich habe auch keine absoluten und festgemeiselten Antworten. Aber diskutieren sollte man darum schon dürfen.

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          • Dann entschuldige, dass ich deiner Bildung misstraut habe, der Schluss lag allerdings recht nahe nachdem du behauptest hast, man brauche ja kein Stadttheater, da es genug kleinere Bühnen gebe. Ich kenne natürlich keine genaueren Zahlen, aber Konzert und Musiktheater sind sicherlich ebenso wichtig bzw. umsatzstark (auch wenn das nicht unbedingt der Maßstab bei kulturellen Einrichtungen seien sollte) wie der Schauspielbereich.
            Ausweichungen auf die Musikhochschule gibt es übrigens auch so wegen fehlender Kapazitäten oft genug. Nur wie soll man bitte ohne festes Haus beispielsweise Opern produzieren?
            Klar ist doch eigentlich auch, dass ein Stadttheater einen festen Spielort und auch die dazugehörige Infrastruktur benötigt. Und das ist in der Mainfrankenhalle, so sie denn renoviert wird, alles nicht ganz so einfach. Aber da sehe ich es ja auch ein, dass über die Notwendigkeit der Sanierung disskutiert wird, aber doch nicht über die Notwendigkeit des Stadttheaters.

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