Wenn zumindest der Kalender „Sommer“ anzeigt, ist es Zeit für Theater im Efeuhof des Würzburger Rathauses — ein schöner und stimmungsvoller Ort für Theater. Auch am Freitagabend war kalendarisch Sommer und zumindest regnete es nicht, darum wagte ich mich spontan zu der Aufführung von „Bunbury – Ernst sein ist alles“, inszeniert vom Theater Ensemble.
Das Stück ist eine klassische Verwechlungs- und Verwirrungskomödie aus der Feder von Oscar Wilde. Der grobe Plot: Zwei Männer erschaffen die fiktiven Personen Ernst und Bunbury, um frei und ungebunden das Leben zu genießen. Als sich deren Liebschaften mehr für die Kunstfiguren als für sie selbst interessierten, beginnen die Verwicklungen. Und es geht um den Vornamen „Ernst“, der auf die Frauen im Stück sehr anziehend wirkt. Ich habe mich beim Zuschauen gefragt, wie die Wortspiele um den Namen Ernst im englischen Original wohl lauten? Die Lösung: Im Original heißt das Stück „The Importance of Being Earnest“ und kalauert mit der ähnlichen Aussprache des Namens „Ernest“ und dem Wort „Earnest“ für aufrichtig, ehrlich.
Das Stück lebt allgemein sehr von der ironischen und teilweise sarkastischen Sprachspielerei von Oscar Wilde — die auch in der deutschen Übersetzung –, mit der der Autor die Oberflächlichkeit und Lebensweise der britischen Oberschicht Ende des 19. Jahrhunderts aufs Korn nimmt. Eine Übertragung auf den Anfang des 21. Jahrhunderts fällt im Kopf aber nicht sehr schwer. Und wer unbedingt die Inhalte des Stücks in die Moderne übertragen will, kann die Probleme mit den Scheinidentitäten — das „Bunburysieren“ — als Anspielung auf die Schöpfung von Fakeaccounts in sozialen Medien, um gepflegt die Sau rauszulassen, verstehen. Ist aber eine gewagte These. 😉
Ich glaube, das Stück ist nicht leicht für die Schauspieler. Nicht weil komplexe Gefühle dargestellt werden müssen — da ist „Bunbury“ doch eher einfach gestrickt –, sondern weil sie den Text recht exakt drauf haben müssen. Oscar Wilde baut akrobatische Wortgefechte auf, die aber auch nur funktionieren, wenn sie genau wiedergegeben werden. Viel Platz für Improvisation bleibt da nicht.
Aber am Freitag, bei der zweiten Aufführung von „Bunbury“, klappt das ganz gut, offensichtliche Hänger gab es kaum. Michael Wagner brachte die Rolle des Lebemanns Algernon in einer leicht überdrehten Captain-Jack-Sparrow-Art gut rüber, Michael Völkl gab souverän dessen Freund Jack auf dem Weg zur Ernsthaftigkeit/Aufrichtigkeit.
Optisch atemberaubend in ihren eher an die 20er-Jahre erinnernden Kleidern war Kristina Förster, die glaubwürdig die naiv-pseudo-tiefsinnige Gwendoline gab und sich schön zickig mit ihrer vermeintlichen Rivalin Christina Miceli in der Rolle der Cecily anlegte. Und Franziska Wirths wirkte so blasiert, arrogant und herrisch als Algernons Tante Augusta, dass ich nach der Vorstellung zweimal hinschauen musste, um die nette und sympathische Frau am Getränkestand zu erkennen.
Zu den „kleinen“ Rollen. Gisbert von Liebieg spielte seinen Dr. Chasuble viel zu hölzern, glücklicherweise in einer wenig tragenden Rolle. Und ich möchte Dennis Kappelsberger, der den Butler Lane spielte, endlich mal in einer Rolle sehen, in der er keinen gefühlsarmen und kontrollierten Briten spielt — wie auch schon neulich in „Zeugin der Anklage“. Nicht dass er das nicht gut kann, im Gegenteil, aber ich möchte einfach mal sehen, was er noch so drauf hat. Tapferkeitspunkte gab es für Co-Regisseurin Karolin Benker, die für die kurz vorher erkrankte Schauspielern der Rolle der Miss Prism einsprang und mit einem Textbuch in der Hand auf die Bühne musste. Das hat sie aber mit großer Würde getan. 🙂
So weit, so schön. Aber ein paar Wermutstropfen gab es doch. Zum einen das Stück selbst. Sehr unterhaltsam, wenn man wie ich Oscar Wildes Sprachakrobatik und -konstruktionen mag. Allerdings zum Schluss recht langatmig. Wenn endlich die meisten Verwirrungen im Stück aufgelöst sind, muss Wilde nochmal eins draufsetzen und nochmal neue Verwandtschaftsverhältnisse schaffen. Für mich hätte das Stück fünf Minuten nach der Pause schon enden können.
Ein wenig schmerzt auch der Eintrittspreis. 17,50 Euro sind schon ein Wort, zumindest für meinen Geldbeutel. Klar verstehe ich, dass eine Produktion außerhalb der Heimatbühne etwas aufwändiger und teurer sind, aber ich kann mir vorstellen, dass beim Eintritt bei manchen schon die Schmerzgrenze überschritten wird. Gut, wenn ich ehrlich bin, hätte ich in der selben Zeit zum selben Preis woanders drei Cocktails getrunken, so relativiert es sich also etwas. 😉
Ermäßigt kostet der Eintritt übrigens 14,50 Euro. Günstiger ist es immer am Mittwoch, da kostet die normale Karte 14,50 Euro und die ermäßigte 8,50 Euro — der Tag also für Leute, die auf ihr Geld achten müssen oder wollen. Die Getränkepreise sind im Gegenzug allerdings wieder ganz günstig, 3,50 Euro für einen guten Bürgerspital-Silvaner und 2 Euro für ein Weinschorle.
Schön finde ich bei so kleinen Theaterproduktionen, dass man die Darsteller und Mitarbeiter nach der Vorstellung noch an der Theke treffen und mit ihnen plaudern kann. Macht mir immer Spaß — auch diesmal.
„Bunbury – Ernst sein ist alles“ wird noch bis zum 20. Juli 2013 aufgeführt, immer Mittwoch bis Samstag um 20 Uhr — wenn das Wetter passt.
Die Kulisse war leider etwas weiß – da hätte ich mir schon das ein oder andere bisschen Farbe gewünscht. Ein wenig Kritik entschuldigt bitte