Einsamer Stadtstreifer und Straßenforscher

Ich gehe im Moment selten vor die Tür. Einkaufen war ich schon eine Woche nicht mehr, seitdem ich im Homeoffice bin — ohne Hamstern kommt unser Zwei-Personen-Haushalt mit den normalen Vorräten locker über die Runden. Aber einmal am Tag gehe ich nach draußen. Ich meide Menschen, so weit es geht, was mir nicht unbedingt im Blut liegt.

Ein Magnolien-Bild muss sein.

Aber die Vernunft siegt und sie entscheidet sich nicht für ausgedehnte Spaziergänge am Mainufer, im Ringpark oder am Hubland. Sondern für ausgedehnte Spaziergänge durch ganz normale Wohngegenden in Würzburg. Unteres Frauenland, Obere Sanderau und so weiter.

Das hatte ich bisher selten gemacht. Sonst laufe ich einfach durch die Stadtviertel, um von A nach B zu kommen. Jetzt schlendere ich durch die Straßen, schaue mir in Ruhe die unterschiedliche Architektur an, entdecke wie der Frühling in Bäumen, Hecken und Grünstreifen Einzug hält, schätze die Länge von Warteschlangen vor Lebenmittelläden ab, betrachte Graffitis und studiere Regelwerke für einen möglichen Corona-Schutz in den wenigen Geschäften, die noch auf haben. Oder ich lese Corona-Hilfsangebote, die an Schaukästen, Wänden und Masten von Straßenlampen geklebt sind und mich sehr, sehr freuen.

Die wenigen Menschen, die mir begegnen, machen einen Bogen um mich oder ich mache einen Bogen um sie. Manche schauen dabei verschämt weg oder auf den Boden. Andere nicken und lächeln mir im Abstand freundlich entgegen, was mich sehr freut und meist auch meine eigene Taktik ist. Ein paar wenige Verwegene grüßen sogar — man muss es doch nicht übertreiben, schließlich sind wir Bewohner einer Stadt und keine Landeier. 😉

 

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