Mitte der Woche war sie vorbei, die Internationale Filmwoche in Würzburg, das digitale, verlängerte Filmwochenende. Weit über 5000 Mal wurden Filme beim digitalen Festival abgerufen. „Das ist für uns ein Riesenerfolg, bedenkt man auch, dass die Streaming-Tickets nicht an eine Zuschauerzahl gebunden waren, also damit auch eifrig gemeinsam geschaut wurde“, wurde Film-Ini-Vorsitzender Thomas Schulz in der Pressemitteilung zitiert.
Und um die blanke Zahl ins Verhältnis zu setzen. Das abgespeckte Filmwochenende 2020 hatte 7000 Besuche, im Rekordjahr 2019 waren es 10000 Kinobesuche beim Festival. Damit ist die 5000 auch für mich eine stolze Zahl für das digitale Filmwochende. Von den Spielfilmen wurde laut Filmwochenende am meisten geschaut: Winterreise, gefolgt vom Kurzfilmblock, Old men never die und Fuchs im Bau. Bei den Dokus waren es Was tun?, gefolgt von La langue est donc une histoire d’amout und Acasă, my Home.
Ich darf auf jeden Fall der Film-Initiative danken, dass sie die digitale Filmwoche auf den Beine gewuchtet haben, trotz allen Problemen bei der Vorbereitung. Es war gut, dass sie das Festival nicht ganz abgesagt haben und sie haben aus der schwierigen Ausgangslage das Beste gemacht. Keinen Ersatz, sondern etwas Eigenes. Hut ab! Dass viele Soli-Tickets statt normaler Tickets gekauft wurden, würde ich mal als Applaus, Wertschätzung und Dank für das Filmwochenende und die Menschen dahinter zählen. Und ich würde mich, trotz aller Liebe zum Digitalen, auf ein Filmwocheende im echten Leben freuen, wo ich mich bei den Beteiligten persönlich bedanken kann.
Mein kleines Filmwochenende unter der Decke und vor dem Notebook
Aber es war halt kein echtes Filmwochenende, so mit in Kinosälen hocken, mit Leuten quatschen und Filmparty und so. Und das konnte das Festival coronabedingt auch gar nicht sein. Aber doch hat es mit zwei Filmabende beschert.
Gemeinsam mit Freundinnen hatte ich „Fuchs im Bau“ geschaut — wie sich später zeigte, waren wir damit nicht allein.. Gemeinsam heißt, zu viert in drei Wohnzimmern. Wir hatten uns am Samstagabend um 19 Uhr verabredet, auf Termin und Film haben wir uns geschmeidig über die schicke Threema-Umfragefunktion geeinigt. Kurz zuvor trafen wir uns per Gruppenvideochat, plauschten kurz und begaben uns dann alle vor unsere Bildschirme.
Da ging mir schon das erste Problem los. Der Browser unseres billigen günstigen SmartTVs schluckte die Ticket-ID des Films nicht. Den Versuch, über das Smartphone auf den SmartTV zu streamen war nicht sehr smart. Der Film lief zwar, aber auf dem Fernseher nicht sehr flüssig. Das Ende vom Lied war, weil ich nicht lange herumbasteln wollte, dass wir den Film auf dem Notebook geschaut haben. Ach, irgendwie ging das auch ganz gut.
Das gelegentliche Schwätzen während des Films erledigten wir Vier über den Threema-Messenger. Ein Vorteil des Filmwochenende@home: Man konnte während des Films wirklich leckere Sachen schnabulieren. Nach dem Film gab es dann mit allen noch einen etwas längeren Videochat über den Streifen. Im Grunde haben wir schon ein bisschen einen Kinoabend simuliert, das war schon ganz ok so.
Ich war während der Zeit der Filmwoche ziemlich im Stress und nicht so gut drauf. Darum habe ich mir auch nur eine zweite Veranstaltung gegönnt — den Kurzfilm-Block. Filmwochenende-Pflichtprogramm für mich. Den habe ich große Gesellschaft am Mittwochabend, kurz vor Ende der Filmwoche angeschaut. Bei den Kurzfilmen fand ich sehr schön, dass fast vor jedem Film ein paar persönliche Grußworte an das Filmwochenende in Würzburg von am Film Beteiligten gesendet wurden.
Grundsätzlich schaue ich den Kurzfilmblock (oder die Blöcke) in jedem Jahr seht gern an, weil das meist eine bunte Mischung aus ernsten, lustigen, nachdenklichen oder absurden Filmchen war. In diesem Jahr war aber eher wenig lustiges oder absurdes geboten, die meisten Film waren doch eher ernst. Aber vielleicht ist das auch dem Corona-Jahr geschuldet. Ich hatte aber trotzdem einen guten und interessanten Filmabend auf dem Sofa, eingemummelt in eine Decke.
Wer inhaltliche Rezensionen der Filme sucht — die soll eine kundigere Hand als meine schreiben.
Ach ja, dann gab es ja noch den Wettbewerb — dafür waren die Abstimmung mit den Sternen nach den Filmen immer da. Hier füge ich einfach den entsprechenden Teil aus der Pressemitteilung ein:
Die Ergebnisse des Wettbewerbs
Spielfilmpreis
2.500 Euro zur Verfügung gestellt von der VR-Bank Würzburg: „Winterreise“ von Anders Østergaard und Erzsébet Rácz
Co-Regisseurin Erzsebet Racz: „Wir freuen uns sehr, dass unser Film Winterreise den Publikumspreis für den besten Spielfilm bei dem 47. Würzburger Internationalen Filmtage bekommen hat. Umso mehr, weil es in diesen Zeiten nicht ganz einfach ist, die Reichweite eines Filmes, an dem man mehrere Jahre gearbeitet hat, nachzuempfinden. Es ist uns die Ehre bei so einem repräsentativen Wettbewerb mit so wichtigen Themen und mit hervorragenden Filmen wie zum Beispiel mein persönlicher Favorit ‚Håp‘ von Maria Sødahl einen Preis zu gewinnen. Das wäre bestimmt nicht möglich, ohne unseren großartigen Schauspielern, allem voran Bruno Ganz, und die wahre und wunderbar berührende Geschichte von Martin Goldsmith und seiner Familie. Wir möchten uns auch in dem Namen unseres Teams, unseren Produzenten und des Verleihers Real Fiction bedanken, die diesen Film ermöglicht und unterstützt hatten. Herzlichen Dank.“
„Dass der finale Film von Bruno Ganz gut ankommen würde, war uns natürlich klar. Doch auch dessen Kern, das Leben eines jüdischen Musikers im Dritten Reich, dessen vermeintliche Privilegien und die Schuld, die er fühlt, aber nicht ausdrücken kann, hat unser Publikum mitgenommen“, erklärt Christian Molik das Ergebnis.
Dokumentarfilmpreis
1.500 Euro zur Verfügung gestellt von Vogel Communications Group: „Was tun“ von Michael Kranz
Michael Kranz: „Vielen Dank an diese famose Publikumsjury, die sich von ‚Was tun‘ und den im Film gezeigten Schicksalen berühren ließ. Es ist schön, dass Filme so große Distanzen überwinden können und Menschen aus den unterschiedlichsten Lebenswelten zusammenbringen. Und es ist auch eine Ermutigung für unseren Kinostart dieses Jahr in diesen für das Kuno so schwer abwägbaren Zeiten. Danke Würzburg!“
„Das freut uns besonders, da Michael Kranz ein junger Filmemacher ist, ausgebildet an der HFF München. Sein Film könnte persönlicher nicht sein, geht es darin doch um seine Gewissensbisse und Machtlosigkeit, die er fühlt, als er sich selbst vor Ort mit den Bedingungen von Zwangsprostituierten in Bangladesch auseinandersetzt“, so Thomas Schulz.
Kurzfilmpreis
1.000 Euro zur Verfügung gestellt von Würzburger Hofbräu GmbH: „María“ von Zoé Salicrup-Junco*
Eine erste Reaktion der Filmemacherin aus Übersee lautete: „Oh my God! Thank you so much! What a wonderful blessing!“
Etwas später dann:
„My deepest gratitude to the 47 International Film Weekend Wurzburg and everyone who voted. This is such an honor and a blessing! To think that our film had an impact on the other side of the world is deeply moving. Often times Latino stories, more specifically Caribbean stories are overlooked. This is confirmation and inspiration that we’re on the right track. Our stories are overflowing with potential and reach. We must to continue to put them on screen, no matter what obstacle. I share this moment with my amazing cast and crew, my family and friends. Thank you again for the incredible honor.“
Zu Deutsch: „Meine tiefste Dankbarkeit an das 47. International Filmwochenende Würzburg und an alle, die abgestimmt haben. Das ist eine solche Ehre und ein Segen! Der Gedanke, dass unser Film einen Einfluss auf die andere Seite der Welt hatte, ist tief bewegend. Oftmals werden Latino-Geschichten, insbesondere die der Karibik, übersehen. Das ist eine Bestätigung und Inspiration, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Unsere Geschichten sind voller Potenzial und Reichweite. Wir müssen sie weiterhin auf die Leinwand bringen, auch trotz Hindernissen. Ich denke in diesen Moment auch an meine tolle Besetzung und Crew, danke meiner Familie und meinen Freunden. Nochmals vielen Dank für diese unglaubliche Ehre.“
„Ein wirklich starker, weil hochsensibler Kurzfilm der Puerto-Ricanerin Zoé Salicrup-Junco. Sie zeigt eindrücklich, dass Naturkatastrophen wie Hurrikan María 2017 nicht nur physische Zerstörung zurücklassen, sondern die Folgen auch psychisch zur Belastung werden“, sagt Vorständin Vivi Bogumil. „Wir bedanken und aber auch bei allen anderen Filmemacher*innen, die zu unserem tollen Programm beitrugen, beim Publikum und ganz besonders auch bei unserem Team, das abermals ein schwieriges Festival mit viel Freude und (Selbst-)Verständnis gewuppt hat.“