Der Samstag war bei mir so voller Erlebnisse und Aktionen gepackt, wie schon sehr lange nicht mehr. Ein Erlebnis war die Eröffnung des Mozarttunnels am Europastern. Künstlerin Julia Breunig — manche kennen sie auch vom WürzburgWiki — hat sich im Rahmen der „100 für 100“-Aktion des Mozartfests dieses recht hässlichen Fußgängertunnels in Grombühl angenommen.
Intensive Musikerlebnisse beim Mozartfest, die Beschäftigung mit dem Farbkreis, ihre Arbeit an konkreter Kunst, ihre Freude an geometrischen Strukturen — das und mehr hat Julia zu dem Projekt Mozarttunnel geführt, erzählte sie bei der Eröffung. Die war stilecht auf dem Parkplatz des Sozialkaufhauses Brauchbar in Grombühl, gleich neben einem der Tunneleingänge, umrahmt vom urbanen Klang des Samstagnachmittagverkehrs am Europstern. Aber irgendwie hatte es schon einen rohen Charme, dort klassische Musik von einem Steicherquartett zu hören.
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Hätte mich jemand vor Monaten gefragt, was ich wohl als erste Livemusik nach dem Lockdown hören würde, hätte ich auf Indie-Rock oder Punk getippt, aber nicht auf Klassik. Naja, so kann man sich täuschen, schön war es trotzdem.
Wer nun durch den Fußgängertunnel geht, findet an den gekachelten Wände vier bunte Linien. Jede Linie ist eine Stimme der Kleinen Nachtmusik. Jede Linie ist aus verschiedenfarbigen Kacheln, jeder Farbe hat Julia einen Ton zugeordnet. Wird ein Ton länger gehalten, geht die jeweilige Farbe über mehrere Kacheln.
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In dem Videoclip führt es Julia an den ersten Takten einmal vor. An den Tunneleingängen hängt aber auch einen Erklärung und ein QR-Code zu einer Aufnahme der Kleinen Nachtmusik, für diejenigen, die den Farbcode im Kopf nicht flüssig in Töne übersetzen können (also für mich).
Ein sehr cooles Projekt, das Julia da umgesetzt hat, und es spricht mich auf mehreren Ebenen an. Als Datenjournalsit mag ich einfach originelle Visualisierungen von Daten, als Musikliebhaber mag ich einfach den mal anderen Umgang mit Musik und als Ex-Grombühler mag ich, dass einer dieser hässlichen Fußgängertunnel in einer hässlichen Umgebung zu etwas Schönem geworden ist. Versaut mir das nicht, liebe Grombühler, zeigt Respekt vor Julias Arbeit. Sie hat es verdient.