Die Stadt schlägt zurück: Sperrung und Müllstreik am Main

So, im Kampf Main-Partyvolk gegen Anwohner und die Stadt Würzburg ist nun die Kommune am Zug. Gerade ist eine Pressemittleilung mit dem Schlachtplan eingetrudelt mit folgen Worten und Strategien:

Das Schlachtfeld Nummer Eins — der Kranenkai — wird Freitag und Samstag nachts dichtgemacht.

„So werden an den kommenden beiden Wochenende die Grünanlagen am Alten Kranen Freitag und Samstag ab 22 Uhr bis 6 Uhr morgens für die Öffentlichkeit durch eine entsprechende Allgemeinverfügung gesperrt und auch mit Security und mit Unterstützung der Polizei gesichert.
Bereits ab 20 Uhr informieren Sicherheitsleute über die bevorstehende Sperrung, ab 21.30 Uhr wird dann mit Hilfe einer Ausleuchtung dieses Bereiches die Sperrung angekündigt. Die offizielle Außengastronomie im Bereich des Alten Kranens ist davon nicht betroffen. Ziel ist es diesen Bereich hinsichtlich der Besucherfrequenz und Nutzungsart wieder zu normalisieren. Die Schließung soll abhängig von der Entwicklung bald möglichst auch wieder aufgehoben werden können“, schreibt die Stadt

Naja, eine Normalisierung wäre für mich, dass man dort abends und nachts wieder hin kann, ohne in einem lärmenden Mob gefangen zu sein. Aber dass ich nachts gar nicht mehr an den Kranenkai darf, ist nur ein anderer Unnormalzustand. Die schlanke Variante Alkoholverbot hat die Stadt gleich mal übersprungen, vielleicht wäre das aber eher der nächste Schritt gewesen.

Weiter die Pressemitteilung: „Grund für die Sperrungen am Alten Kranen sind nicht nur der Schutz vor der Corona-Pandemie und die weiterhin geltenden AHA-Regeln. Vielmehr hat das Party-Geschehen inzwischen derartige Ausmaße angenommen, dass in dem Bereich entlang der Partymeile am Mainkai an eine Nachtruhe nicht mehr zu denken ist. Der Schutz der Anwohner und der Nachtruhe hat hier Vorrang. Zudem wurden von den Feiernden zahlreiche vom städtischen Gartenamt frisch bepflanzte Blumenrabatten entlang des Maines vollständig zerstört, so dass auch Sachschäden entstanden sind.“

Plaktmotiv der Stadt Würzburg für die Mainwiesen.

Dann gibt es noch das zweite Schlachtfeld — die Mainwiesen in der Sanderau, die in manchen Nächten extrem vermüllt wurden. Dort wird nun am Wochenende kein Müll mehr weggeräumt.

„Gleichzeitig werden die Mitarbeiter des Gartenamtes, die jedes Wochenende mehrfach in den Grünanlagen tonnenweise den Abfall der Feiernden eingesammelt hatten, den Müll der Feiernden in den Teilbereichen der Kurt-Schumacher-Promenade und am Graf-Luckner-Weiher liegen lassen. Auf diese Maßnahme wird mit Plakaten begleitend hingewiesen: „Wir haben dieses Wochenende frei! Ihre Stadtgärtner und Stadtreiniger“

Die Stadt Würzburg weist bereits jetzt darauf hin, dass Spaziergänger und andere Gäste in diesen Bereichen auf die Verschmutzung durch Glasscherben und anderen Müll aufpassen sollten – Vorsicht beim Betreten!“, so die Pressemitteilung.

Da wird es für mich ein wenig kurios. Die Stadt nimmt also in Kauf, das sich Bürger durch nicht weggeräumten Müll verletzen könnten? Missversteht mich nicht, ich habe für diese Vermüllung der Mainwiesen noch viel weniger Verständnis (gar keines) als für das laute Partymachen am Main (so gut wie keines). Aber der Wenn-ihr-nicht-folgt-dann-werden-halt-alle-bestraft-Gedanke, den zumindest ich dahinter sehe, kenne ich nur aus meiner Schulzeit von hilflosen Referendaren — und das hat da schon nicht funktioniert. Und ich verstehe die Taktik noch weniger, wenn dadurch wohl Gesundheitsschäden von Bürgern in Kauf genommen werden, Warnplakate hin oder her.

„Wir haben bislang vor allem auf Kommunikation und Einsicht gesetzt“, sagt Oberbürgermeister Christian Schuchardt. „Bei vollstem Verständnis für alle, die es nach diesem langen Lockdown zu Hause nicht mehr aushalten und im Freien etwas Entspannung und Spaß suchen – leider ist die Grenze überschritten. Spaß haben im Freien ja, Verstöße gegen Corona-Beschränkungen und Party auf Kosten der Anwohner – nein. Wir wollen als Stadt keine Eskalation wie zurzeit in anderen Städten.“, heißt es in der Pressemitteilung weiter.

Ich weiß nicht, ich bin mir nicht sicher ob die Maßnahmen so deeskalierend wirken. Wird das Partyvolk um 22 Uhr den Mainkai ohne zu murren räumen. Wohin gehen sie danach? Kann die Außen- und Innengastronomie sie auffangen? Und was wenn den Müll am Mainkai niemand vom Feiern abhält, sondern einfach neuer Müll obendrauf kommt? Oder sich ein Kind beim Spielen an einer Scherbe verletzt? Sind die Eltern dann zornig auf den Müllverursacher oder die Stadt, die nichts weggeräumt hat? Oder beide? Und am Montag dürfen die armen städtischen Mitarbeiter noch mehr Müll wegräumen.

Die Pressemittelung schließt mit den Worten: „Sollten diese Maßnahmen keinen Erfolg haben, werden weitere Verschärfungen auch mit den politischen Gremien – wie dem Bau- und Ordnungsausschuss und dem Stadtrat – abgestimmt.

Die Stadt Würzburg weist im Übrigen noch einmal darauf hin, dass die Kontaktbeschränkungen sowie AHA-Regeln weiterhin auch im Freien gelten. Ruhestörungen durch die Benutzung von Musikinstrumenten und Tonwiedergabegeräten werden weiterhin geahndet und die Nachtruhe zum Schutz der Anwohner von 22 bis 6 Uhr ist einzuhalten (Sicherheitsverordnung der Stadt Würzburg § 8).“ (Verlinkung von mir)

Lasst euch von meinen klugscheißenden Kommentaren zu der Pressemitteilung nicht täuschen — ich habe keine geniale Lösung für das Massen-Lärm-Müll-Party-Problem am Main. Nur bin ich mir nicht sicher, ob die Maßnahmen der Stadt eine Lösung sein werden. So lange Clubs gar nicht und die Gastronomie nur beschränkt offen sind, werden viele junge Menschen — und auch alte Menschen — an öffentliche Orte ausweichen. Warum sie dabei oft so durchdrehen müssen, ist mir auch ein Rätsel. Aber die aus meiner Sicht fast schon hilflose und beinahe trotzige Reaktion der Stadt ebenso.

Hat von euch vielleicht jemand eine gute Idee?

5 Gedanken zu „Die Stadt schlägt zurück: Sperrung und Müllstreik am Main“

  1. Die Stadt war jetzt freilich im Zugzwang. Sie musste reagieren, ich glaube aber auch sehr hilflos. Es ist aber auch schwierig. Mit den Maßnahmen werden nur noch mehr Fronten vergrößert und aufgebaut, denn alle leiden darunter, die Krawallmacher und die braven Bürger, die auch gerne abends am Main sitzen wollen.

    Vielleicht wird der Plan aus dem Rathaus aufgehen, vielleicht eskaliert die Situation aber auch erst recht. Ich hätte für ein Alkoholverbot und ein Verbot von Musikanlagen am gesamten Mainufer vom Alten Hafen bis Stadtgrenze Würzburg richtung Randersacker plädiert. Für Kontrolle ist wohl genug Personal da, denn das ist nun auch im Einsatz. Und so verrückt es klingt, vielleicht auch der Einsatz von Streetworkern. Denn das eigentliche Problem sitzt tiefer bei den jungen Menschen. Möglicherweise ist durch Corona mehr kaputt gegangen als wir glauben. Vielleicht sollte die Stadt versuchen, mehr Angebote für junge Menschen zu schaffen. Und die Discos (ein Club ist für mich ein Verein) öffnen sobald als möglich. Ich wäre in meiner Jugend nach so einem Coronajahr bestimmt auch durchgedreht.

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  2. Ich finde die Maßnahme richtig gut! Einfach mal sichtbar lassen, zu welchen Schweinereien Menschen fähig sind, die doch angeblich nur feiern wollen. Appelle und Schilder fruchten nicht, dann muss es halt die harte Tour sein.

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    • Naja, als Bewohner der Sanderau kann ich dir sagen, dass die Schweinereien die ganze Zeit schon sehr sichtbar waren. 😁 Und nichts machen ist natürlich auch keine Lösung.
      Aber ich bin mir einfach nicht sicher, ob die Maßnahmen die Probleme nur an andere Stellen verlagert. Ein wirkliches Umdenken beim Partyvolk erwarte ich dadurch eigentlich nicht.

      Man kann eigentlich nur weiter auf schlechtes Wetter hoffen. 😉

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      • Was Ralf sagt 😉 Wobei Fronleichnam nochmal ne Kategorie kräftiger war als alles was wir letztes Jahr im Sommer hatten. Ich hatte den Eindruck man hat da dann erst Recht alles liegen gelassen.
        Persönlich finde ich die Entscheidung der Stadt nicht so pralle. Im fraglichen Bereich sind drei Kinderspielplätze vor denen auch nicht halt gemacht wurde. Am Ende bestraft man dann nicht die Chaoten. Die werden sich ein anderes freies Plätzchen suchen und nicht die Mainwiesen ab dem Durchgang Breslauer verwüsten sondern dann die Wiese Richtung Grillplatz bis Graf-Luckner-Weiher. Ende vom Lied wird also nicht weniger Müll sein sondern eine lange Müllkippe.
        Wie ist das eigentlich mit der Haftung und Verkehrssicherheit? Kind verletzt sich an Glassplitter weil die Stadt vorsätzlich nicht sauber gemacht hat?

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