Eine Reise durch die Welt des Wahnsinns, durch die weißen Schatten hinter der vermeintlichen Realität, zu Wesen älter als das Sein — gepackt in die kleine Kellerbühne der Theaterwerkstatt. Am Freitag gab ich mir „Der Ruf des Cthulu“, ein Stück nach einer Kurzgeschichte des vor 85 Jahren gestorbenen Horrorautors H.P. Lovecraft. Kurzversion: Das uralte Wesen Cthulu erwacht.
Ich habe von Lovecraft kaum etwas gelesen, ich kenne eher die Adaption seiner Motive in der Pop-/Nerd-/Medien-/Kultur. Etwas von dem Cthulu-Universum des Autors auf die Bühne zu bringen, hatte ich schon im Vorfeld für ambitioniert gehalten. Und nicht dass das Vorhaben in der Theaterwerkstatt gescheitert ist. Im Gegenteil, ich fand es beeindruckend, wie mit einfachen Mitteln der Wahnsinn, der Schrecken, das Zusammenbrechen der Realität, die mit dem Erwachen des Wesens Cthulu zusammenhängen, mit Licht, Ton, ein paar Requisiten und Schauspielerei in die Köpfe des Publikums gepinselt wurde.
Drei Schauspielerinnen und ein Schauspieler spielten Mehrfachrollen und Erzählerin bzw. Erzähler. Mit normalen Dialoge ebenso wie mystische Phrasen wie „Die Geometrie ist völlig falsch“, ein Satz wie ich ihn nur früher im Mathe-Unterricht gehört habe. Dazu wanden sie sich und kletterten sie durch einen Seil-Dschungel und Plastikplanen-Labyrinthe und tanzten Techno. Keine schlechte Leistung, da wurde einem schon was geboten. Dazu an der Stelle Respekt für die Menschen an Licht und Ton.
Das Problem — die Handlung. Hinterher habe ich den Wikipedia-Artikel über die ursprüngliche Kurzgeschichte gelesen. Die ist wohl auch eher komplex geschrieben (und wie bei Lovecraft leider nicht unüblich mit rassistischen geistigen Dünnschiss besprenktelt). Da ging bei der Bühnenfassung aber viel verloren und ich rätselte des öfteren, was nun gerade passiert und suchte den roten Faden. Vielleicht ging es den erfahrenen Lovecraft-Fans im Publikum besser als mir.
Deswegen war es ein ungewöhnlicher Theaterabend mit einem ungewöhnlichen Stück für mich. Aber unterm Strich kann ich nicht klagen. Vielleicht war das Rätseln, Springen, Chaotische und leicht Verstörende der Handlung genau so gewollt. Zumindest war die Vorstellung so ziemlich ausverkauft und mir schienen alle Mit-Verschreckten hinterher recht zufrieden horrorisiert.
Ja, auch ich habe es nicht bereut. „Der Ruf des Cthulu“ ist sicher nicht nicht für jeden und jede, aber wer sich für dieses Art von Horror erwärmen kann oder mal ein Stück aus Lovecrafts schräger Horrorwelt auf der Bühne sehen will, dem und der kann ich es empfehlen.
Jetzt allerdings der blanke Horror: Das Stück wird nur noch am 26. und 28. Oktober (diesen Mittwoch und Freitag) gespielt — und beide Vorstellungen sind ausverkauft. Aber es gibt es Warteliste. Möge Cthulu euch gnädig sein.
Kopfbild: DALL-E OpenAI
Mit der Rezi hast du dich gut durch den Cthukudsschungel getunt und den roten Faden hab ich auch bis heute nicht gefunden. Ist bei dem Stück vllt aber gar nicht sooo wichtig. Grusel und Grauen sind dafür aber garantiert…