FiWo///Fragmente

Das 50. Internationale Filmwochenende in Würzburg ist schon ein paar Tage vorbei. Ein paar ungeordnete Absätze und Gedankenfetzen dazu von mir.

/// Ich habe am Mittwoch nur eine Karte für einen meiner geplanten Filme reservieren können. Alle anderen habe ich dann am Donnerstagabend direkt im Maschinenhaus bei einer sehr netten und geduldigen Frau an der Kasse gekauft: „Sooooo, für welche Filme gibt es denn noch Karten?“ Was dann von der Resterampe fiel, war aber wirklich gut. Ich kann mich über meine geschauten Filme nicht beklagen.

Auf einem Holztisch steht ein Glas Weißwein, daneben liegt ein gedrucktes Programm der Filme beim Filmwochenende in Würzburg.
Alkohol und der Programmzettel gehören zur Last-Minute-Filmauswahl beim Festival.

/// Mit zwei Dokumentationen war ich für meine Verhältnisse fast in einem Doku-Fieber. Beides waren Dokus über Musiker. „The Graceless Age“ ist eine Doku über den Singer-Songwriter John Murry. Von dem kannte ich exakt nur das Lied „Little Colored Balloons“ und wusste nichts über seine schwierige Kindheit, über die Südstaaten an sich, seinen Missbrauch, seine Sucht, verwandt mit William Faulkner war (und obwohl adoptiert, diesem angeblich ähnlicher war als jeder andere in der Familie), seinem Versuch, mit sich und seiner Vergangenheit ins Reine zu kommen. Berührender Film der Regisseurin Sarah Share, die auch da war und über Murry und den Dreh erzählte.

/// Ich hab meine rote Wollmütze irgendwo auf dem Filmwochenende oder auf dem Heimweg davon verloren. Ich muss dran denken, mal im Central nachzufragen.

/// Neben dem Schauspieler Axel Prahl stand ich zweimal während des Filmwochenendes. Beim ersten Mal wollte ich mich noch kurz zwingen, aufgeregt und beeindruckt zu sein. Nur schaue ich überhaupt keinen Tatort, und habe bewusst auch sonst keinen Film mit ihm gesehen. So hab ich ihm freundlich zugenickt und er schaute ein wenig gestresst, aber doch ganz nett. Dabei beließen wir es dann auch.

Regisseur Marcus Rosenmüller beim 50. Filmwochenende in Würzburg.

/// Den zweiten Promi-Alarm fand ich viel interessanter. Ehrlich gesagt wusste ich vorher nicht, wie Marcus Rosenmüller — der von „Wer früher stirbt ist länger tot“ — aussieht oder so ist. Der Regisseur stand beim Filmwochenenende nach der Vorführung seiner sehr sehens- und hörenswerten und poetischen Doku „Dreiviertelblut – Weltraumtouristen“ über die oberbayerische Band Dreiviertelblut uns Publikum Rede und Antwort. Er erzählte über seine schon lange Bekanntschaft mit den recht unterschiedlichen Musikern Gerd Baumann und Sebastian Horn, über die teilweise recht improvisierten Dreharbeiten der Doku, die sich über rund drei Jahre hinzogen. Und dabei war „Rosi“ so nett, natürlich, lustig und offen, als säße er mit seinen Kumpels in der Kneipe und erzählt von seinem abgedrehten Hobby Filmemachen. Ein toller Samstagvormittag für mich.

/// Was auf keinen Fall zu kurz kommen darf: der Dank an die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Nicht nur in diesem Jahr, sondern über die Jahrzehnte. Im Ernst. Ein ganz egoistisches „Danke“ dafür, dass ich jedes Jahr interessante Filme anschauen kann, dass mir jemand die Karten abreißt — und sei es nur digital –, jemand die Filme aussucht, mit Verleihern verhandelt, Regisseure und Schauspielerinnen durch die Gegend fährt, einfach ätzend-nötigen Verwaltungs- und Bachhaltungskram macht, den Müll aus den Kinosälen entfernt, Kaffee ausschenkt, Karten verkauft und dumme Fragen von mir beantwortet, die mir — apropos dumme Fragen — als Blogger oder Journalist noch mehr dumme Fragen beantwortet (Danke und ein pauschales „Sorry für alles Mögliche“ über die Jahrzehnte speziell an Jan, Julie und Max). Ich kann euch allen nicht genug für euer Engagement danken, aber trotzdem und deswegen: Danke!

Modell eines Corona-Virus oder Deko im Maschinenraum des Filmwochenendes? Man weiß es nicht.

/// In einem Blogbeitrag vor dem Filmwochenende 2023 schrieb ich noch optimistisch, beim 50. Filmwochenende nicht mehr über meine PostCovid-Erkrankung schreiben zu müssen. Das hat sich leider nicht erfüllt. Doch seit meiner zweiten Covid-Infektion kurz vor Weihnachten verändert sich das PostCovid, es fühlt sich „nicht mehr so tief an“, eher „breit“. Es ist schwer zu beschreiben. Zumindest bin ich oft fitter und belastbarer, aber eben nicht immer. Doch ich konnte das Filmwochenende viel mehr genießen als im Jahr zuvor, ließ aber noch Vorsicht walten. Wobei ich mir hinterher dachte, so ein bis zwei Filmchen mehr wäre vielleicht noch gegangen. Naja, besser so.

/// Das Filmwochenende ist für mich ja nicht nur Filmwochenende, sondern auch Quatschwochenende. Denn mindestens so viel Zeit, wie ich in Kinosälen hocke und Filme anschaue, stehe ich auch vor dem Kino oder in der Maschinenhalle und quatsche mit Leuten. Freundinnen und Freunde, Bekannte, wildfremde Menschen. Das Filmwochenende ist eben ein Festival und ein Festival ist auch dafür da, dass sich Leute begegnen, austauschen, miteinander Spaß haben. Und den hatte ich in diesem Jahr besonders.

/// Begegnet bin ich zu meiner Freude dem Medienhobbit zweimal. Gipfeltreffen der bescheidenen und demütigen Spitzen-Blog-Elite Würzburgs. 😉

Ok, ein wenig Kunstblut gab es bei „Fumer fait tousser“ schon. Das hat man davon, wenn man mit Tabakstrahlen auf eine aufrecht gehende Gummischildkröte schießt.

/// Meine Schwäche für Absurde wurde gleich mit dem Eröffnungsfilm auf die Probe gestellt. Den französischen Titel — „Fumer fait tousser“ — konnte ich schon nicht aussprechen, was vermutlich damit zusammenhängt, dass ich kein Französisch kann. Aber es gab ja zum Glück englische Untertitel. Und so konnte ich der … räusper … Handlung folgen: Eine Superhelden-Gruppe mit Tabakkräften werden von ihrem Chef, einer dauersabbernden und dauergeilen Ratte, in den Urlaub an ein unterirdisches Häuschen am See geschickt, wo sie sich Gruselgeschichten am Lagerfeuer erzählen und auf das Ende der Welt durch einen Superschurken warten. Oder so ungefähr.
Der Film parodiert Superheldenfilme, bricht mit Erwartungen an eine Parodie, scheißt dann auf dieses Brechen und macht was ganz Anderes und dreht danach den Menschen im Kino mal die Erwartungen auf links (der Regisseur wird doch den Fisch nicht etwa tatsächlich … doch, er wird!). Im Programm wurde geschrieben, dass im Film „reichlich Blut fließt“. Ehrlich gesagt, empfand ich das gar nicht so. Es flossen mal kurz sehr große Mengen an Blut, danach aber recht wenig. Wenn man einen Sinn — oder Unsinn — fürs Absurde und Surreale hat, sollte man sich „Fumer fait tousser“ anschauen. Aber nur dann.

Die FiWo-Jubiläumsausstellung im Spitäle.

/// In der Ausstellung zu 50. Jahre Filmwochenende im Spitäle war ich auch. Von der hätte ich fast ein wenig mehr erwartet. Viele Plakate aus den vergangenen Jahren waren zu sehen, und viele Tafeln mit Informationen zur Kino-Geschichte Würzburgs und zur Geschichte der Filminitiative und des Festivals. Alles schon interessant, aber das hätte man in eine Webseite — oder das WürzburgWiki — packen können, ohne einen Ausstellungsraum zu brauchen. (Ehrlich gesagt hoffe ich, dass daraus eine Webseite wird oder — noch lieber — alle Infos inklusive historischen Bildern ins WürzburgWiki zur freien Verfügung landen)

/// Hab ich schon erwähnt, dass ich meine Mütze verloren habe?

1 Gedanke zu „FiWo///Fragmente“

  1. Hallo Ralf,

    schöner Beitrag und tolle Fotos. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe am FiWo auch meine Mütze verloren (oder auf dem Weg irgendwo). Meine ist allerdings aus Baumwolle und grau. An Axel Prahl bin ich zweimal vorbei gelaufen, wollte ihn aber nicht stören, eben weil auch kaum etwas von ihm gesehen habe.
    „Fumer fait tousser“ („Smoking Causes Coughing“) habe ich letztes Jahr im April schon auf den Fantasyfilm Fest Nights gesehen, ein herrlich absurder Spaß.
    https://www.kino.vieraugen.com/spezial/smoking-causes-coughing/

    Für mich war das 50. FiWo wieder sehr schön, wenngleich nicht ganz so großartig wie das 49. Die Rezensionen zu den von mir gesehenen Filmen gibt es unter folgendem Link. Zum Film vom Sonntag, „Die Vermieterin“, folgt das Review noch.
    https://www.kino.vieraugen.com/tag/internationales-filmwochenende-wuerzburg-2024/

    Marius der Medienhobbit vom 2. Spitze-Elite-Blog aus Würzburg 😉

    P.S. Ich wünsche dir, dass sich das lästige Long-Covid langsam verabschiedet.

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