Das große Werbeauftafeln

Stolz berichtet die Stadt Würzburg vor ein paar Tagen davon, dass digitale Werbe- und Informationstafeln in der Stadt aufgestellt wurden. „Professionelle Außenwerbung in einem dezenten und eleganten Rahmen – was man auch im direkten Wortsinn verstehen kann – passt schön in das Stadtbild“, wird Noch-Oberbürgermeister Christian Schuchardt in der Pressemitteilung zitiert.

Der Schönheitsbegriff ist immer ein sehr subjektiver, und hier sind Christian und ich nicht einer Meinung. Außenwerbung passt selten in ein Stadtbild — es sei denn, das Stadtbild besteht nur noch aus Werbung — und leuchtende Bildschirme sind bei mir nicht „dezent“. Mir gefallen die Tafeln in der Würzburger Innenstadt nicht.

Warum muss ich im öffentlichen Raum denn auch noch mit Nachrichten — nicht mal regionale — zugeballert werden? Und mit noch mehr Werbebotschaften? Wenn man unbedingt großstädtischer sein will, sollte man vielleicht nicht die schlechten Dinge von Großstädten übernehmen.

Eine digitalen Werbetafel in der Eichhornstraße in Würzburg.

Betrieben werden die Tafeln von der Firma Ströer. Ströer? Die mit fast 2 Milliarden Euro Umsatz 2023 (PDF)? Waren das nicht die, die vor wenigen Jahren kein Problem damit hatten, eine Verunglimpfungskampagne gegen die Grünen zu plakatieren? Und sind das nicht auch die, die eventuell vorhaben, ihren ganzen Werbekrempel zu verkaufen? Ja, sind sie. Muss es denn wirklich gleich der große Quasi-Monopolist sein? Gibt es keine kleinen, regionales Anbieter für Außenwerbung?

Ich frage mich auch, war es denn wirklich nötig, dass Würzburg damit vielen anderen Städten ähnlicher wird? Ströer-Tafeln, wohin man auch sieht. In den paar Minuten, die ich vor der Tafel in der Eichhornstraße stand, erfuhr ich was über das Wetter hier — es ist kalt –, über den da Gerade-Noch-US-Präsidenten Joe Biden, über ein Bitcoin-Hoch, über Vogelschlag und bekam Werbung für irgendeine Influencerin.

Immer und überall die gleichen Nachrichten also (t-online gehört natürlich auch Ströer), ein medialer und kommerzieller Einheitsbrei, unterbrochen von ein paar lokalen Temperaturangaben. Und Plakatwände und die Haltestellenwerbung sind auch in deren Hand. Und wie wir ja gerade bei den Social-Media-Plattformen lernen — bei einer zu starken Konzentration an Medienmacht kommt nichts Gutes heraus.

Außerdem, falls man solche Werbe- und Informationstafeln unbedingt braucht — hätte man sowas als Stadt nicht auch selbst aufbauen können? Den Wetterbericht vom Deutschen Wetterdienst bekommt man eh als freie Daten, Nachrichten könnte man von den lokalen Medien einkaufen oder über die Pressestelle selbst generieren (von der viele lokale Nachrichten ohnehin kommen), Infostücke oder freie Bilder aus dem WürzburgWiki anzeigen, ein regionales Ehrenamt oder eine Selbsthilfegruppe kurz vorstellen, Informationen aus dem Open-Data-Portal und aus dem Smart-City-Projekt müsste doch auch mal was Brauchbares herausfallen. Oder die Tafel mit einem Thermometer versehen und anzeigen, wie warm oder kalt es ganz konkret an dieser Stelle in der Innenstadt ist. Idee gäbe es genug. Klar, das kostet Geld und bringt keine oder aus eventuellen regionales Quellen vermutlich weniger Einnahmen. Aber man bleibt unabhängig und selbstbestimmt — ein hohes Gut heutzutage.

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