Am Sonntag konnte auch ich dem schönen Wetter am Nachmittag nicht widerstehen und bin spazieren gegangen. Zuerst führte mich mein Weg ins Steinbachtal. Zum einen, klar, wegen der Bewegung, die ich dringend brauche. Zum anderen wollte ich mal schauen, wie weit denn der Bärlauch im Wald schon ist.
Und da sah es schon ganz gut aus. Die ersten zarten, wohlriechenden Pflänzchen sind schon zu sehen. Im Grunde kann man sie schon ernten. Aber ich würde noch ein oder zwei Wochen warten, dann ist dort alles zugewuchert und man kann locker ein paar Bund beim Spazierengehen abschneiden und es ist immer noch genug für alle da.
Ich hab mal an einem Blatt genascht, er schmeckt schon und ich freue mich auf den nächsten Spaziergang ins Steinbachtal — mit einem Messerchen und einer Tüte.

Lost Kulturpunkt
Wenn ich schon unterwegs war, wollte ich auch noch einen Kulturpunkt besuchen. Und auf dem Weg lag das „Haus der Hörbehinderten„, wo die Kollektive Literaturzeitschrift Würzburg an dem Wochenende ihr Lager aufgeschlagen hat.
Vor der Tür gab mir eine junge Frau, die gerade ihr Fahrrad aufschloss, den Hinweis, dass drinnen hinten Menschen seien. Und dann bin ich rein — und fand niemanden. Dafür einen kleinen Tisch, auf dem ein paar Flyer, Lesezeichen und eben Ausgaben der kollektiven Literaturzeitschrift Würzburg zu sehen.

Aber keine Menschen, nicht auf dem Tisch, nicht neben dem Tisch, nicht darunter, dahinter oder überhaupt im Raum. Mein zaghaftes „Hallo?“ blieb unerhört im Haus der Hörbehinderten. Um so seltsamer waren die halb ausgetrunkenen Gläser und Flaschen auf der Theke im großen Raum. Also ob eben noch Menschen da waren. Wo sind sie aber jetzt? Hinter der Theke versteckt? Alle gemeinsam aufs Klo? Im wahrsten Sinne des Wortes in Luft aufgelöst?
Ich sah mich noch ein wenig um, nahm mir ein „Verlage gegen Rechts„-Lesezeichen mit, warf einen Euro in die Spendenbox und bin wieder raus. Da erst sah ich auf dem Briefkasten neben der Tür einen im grellen Sonnenlicht schwer zu lesenden Zettel, auf dem dünnen Stift geschrieben „Selbstbedienung innen!“ stand. War das die Erklärung? Mit ein paar Fragezeichen im Kopf ging ich von diesem Kulturpunkt wieder nach Hause. Vielleicht war das genau so beabsichtigt — bei Kunst weiß man ja nie.